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    „Nur Quatschköpfe, die gehen pleite!“

    Berlins Insolvenzen, Komiker und Pannen

    Am 8.11.04 konnte man diese Headline im Berliner Kurier lesen. Diese PROPHEZEIUNG von Alt-Kanzler Schmidt ist aber schon 10 Jahre alt und bezog sich auf die inzwischen mit Millionen Euro gerettete Berliner Bankgesellschaft, die für einen handfesten Skandal in Berlin gesorgt hatte.

    Dass allerdings „Quatschköpfe“ in Berlin nach 15 Jahren Mauerfall wirklich erfolgreich sein können, beweist auch der Quatsch Comedy Club. Zu DDR-Zeiten war dieser Ort bekannt als die „Kleine Revue“ im bzw. am Friedrichstadtpalast. Seit 2.11.2002 heißt es bekanntlich hier: „Gehen Sie ab jetzt ruhig zum Lachen in den Keller.“ Thomas Hermanns, Moderator und Intendant, findet es besonders nervig, wenn man ihn fragt, ob der „Comedy Boom“ in Berlin vorbei wäre. Über Stand-up-Comedy, das klassische Comedy-Training, das in den letzten Jahrzehnten in England, Amerika und Deutschland viele Stars hervorgebracht hat, sind die Gäste oft sehr unterschiedlicher Meinung. Die Stand-up-Comedians versuchen, oft mit nur einem Mikro auf der Bühne, ihr Publikum zum Lachen zu bringen – großartig, wenn es klappt …

    Gayle Tufts, zu Hause in ganz Berlin. Auch hier begrüßt die First Lady of Live-Talk in Denglish. In ihrer monatlichen Show hat die Wahlberlinerin aus Boston wechselnde Gäste, z. B. in einer Happy Hour Ulla Kock am Brink. Spiele, Musik und der Held des Monats – „Happy Hour ist inzwischen schon ein Klassiker; jede Show wird speziell angerührt – und oft auch geschüttelt“, heißt es im Programm.

     

    „Statt der Angst“ und Schluss mit luftig

    Eines von vielen wichtigen Veranstaltungen, die im BKA-Luftschloss durchgeführt wurden, war „Statt der Angst“. Das Musiktheater von 26 Jugendlichen aus 17 Ländern über ihre Besiegbarkeit, unter der Schirmherrschaft der Bundestagspräsidentin a. D. Prof. Dr. R. Süssmuth und des Chefs der Senatskanzlei Andre Schmitz, wurde im Januar 2004 aufgeführt. 8 Monate später wird das inzwischen sehr bekannte 9. Chansonfest unter der Leitung von Boris Steinberg abgesagt. Diagnose: Insolvenz.

    Die Berliner Kabarettanstalt kann sich ihr Luftschloss nicht mehr leisten. Die Show des alten Chamäleon-Varietés schaffte es leider auch nicht, mehr Besucher durch die schlecht beleuchteten Höfe am Ostbahnhof ins Zelt zu locken. Kurz nach dem aufwändigen Umzug meldete die Berliner Kabarettanstalt, die sowohl das BKA-Theater am Mehringdamm als auch das BKA-Luftschloss betreibt, am 20.10.04 Insolvenz an. Franziska Keßler, die das BKA mit Rainer Rubbert und Uwe Berger betreibt, will weitermachen. Trotz der Enttäuschung über die kurzfristige Absage des Berliner Chansonfests, das am 21.10.04 beginnen sollte, rief Boris Steinberg Künstler auf, im BKA am Mehringdamm in einem Benefizkonzert aufzutreten.

    Der Insolvenzverwalter des Chamäleons, der jetzt auch für das BKA das Beste versuchen möchte, hat es im Falle des Chamäleons jedenfalls erstmal geschafft. Darüber sind Berliner und Touristen sehr froh.

    Das bereits zweimal in Insolvenz gegangene Chamäleon-Varieté in den Hackeschen Höfen spielt nun unter neuer Betreiberschaft wieder. Der Start der Show „100 % – Der Kult kehrt zurück“ war sehr erfolgreich. Die Zuschauer sind begeistert von den Bauarbeiten, die als perfekte Kulisse dienen. So wurde der Spielbetrieb bereits im September 2004 wieder aufgenommen. Bis Jahresende steht das Stück auf dem Spielplan. Die bekannte Geschichte, in ähnlicher Form vor 2 Jahren aus gleichem Grund schon einmal aufgeführt, simuliert die Situation in einer Artistenschule kurz vor der Abschlussprüfung.

    „Wesemann-Preis für Ereignisproduzenten“ heißt die Auszeichnung, die am Montag, 18. Oktober 2004, im Palais in der Berliner Kulturbrauerei erstmalig verliehen wurde. Gewonnen hat Reinald Grebe mit seinen „abgebrochenen Liedern“. Der Preis bestand aus einem eigens dafür angefertigten Ring mit Gravur und einem Förderpaket. Über die Vergabe entschieden unter anderem der Comedian Oliver Kalkofe, der Fernseh-Moderator Jörg Thadeusz und Antje Vollmer. Der Stifter des Preises ist der eingetragene Verein „vive – jan wesemann künstlerförderung“, der sich zum Ziel gesetzt hat, im Sinne des 2002 verstorbenen Berliner Kulturmanagers Jan Wesemann interessante Nachwuchskünstler zu fördern. Jan Wesemann war in Berlin Mitbegründer des Chamäleon-Varietés, Manager von Ben Becker und betrieb die Eventagentur KulturKontor.

    Kein Schnee von gestern. Die Berliner Schlittenfahrt 2004: Bankenskandal; Tempodrom-Affaire; Insolvenzantrag des bekannten Varietés Chamäleon in Mitte; in Friedrichshain meldete gerade das hierher umgezogene, neu eröffnete BKA-Luftschloss Insolvenz an ... Der Tränenpalast ist nun der nächste Ort, der auch als Kulturstandort gefährdet ist.

    Damit es nicht so weitergeht, zeigen Künstler ihre Solidarität mit dem ebenfalls bedrohten tRÄNENpALAST.

    Der Veranstalter Marcus Herold begrüßte die Gäste persönlich, die am 27.10.04 zugunsten des bedrohten Tränenpalasts auftraten und ihre Solidarität bekundeten. Die Gefährdung des tRÄNENpALASTs als Kulturstandort wurde durch ein missglücktes Grundstücksgeschäft des Landes Berlin verursacht. Die Sache fand große Resonanz in den Medien und löste lebhafte Diskussionen im Berliner Abgeordnetenhaus aus. Außerdem gab es eine große Welle der Entrüstung in der Bevölkerung und das ganze wurde damit zum Stadtthema. Die Beteiligten – Finanzverwaltung, tRÄNENpALAST und Investor – sind nunmehr aufgefordert, ein Arrangement für die bis dato sehr unterschiedlichen Interessen zu finden. Bis zum 15. Dezember dauern die langwierigen Gespräche, die Frist wurde bereits einmal verlängert. Eine tragfähige Lösung für den Fortbestand des tRÄNENpALASTs basiert auch hier auf politisch korrektem Handeln und Interessen verschiedener Beteiligter an diesem traditionsreichen Ort, wo einst das „Tor zum Westen“ auf- und zuging. Künstlerinnen und Künstler, die z. T. schon häufig im tRÄNENpALAST aufgetreten sind, bekundeten an diesem Tag ihre Solidarität mit einem Auftritt, darunter: - die Liedermacherin Barbara Thalheim, - Jazz- und Soulsängerin Siggy Davis, - Schauspieler und Sänger Nino Sandow, - die Berlin-Comedians Fil & Sharkey, - der „Mister Hyde der Clowns“ Leo Bassi, - die neapolitanische Sängerin Rachelina & die Maccheronies, - der Musiker Dirk Zöllner in der Besetzung Zöllner + Mantzke + Gläser und Reini Petereit (früher Rockhaus), - der Comedian & Moderator Martin Quilitz, - die Autorin, Sängerin, Multi-Instrumentalistin und Alleinunterhalterin Popette Betancor, - der Kopf der „Teufelsberger“ und Moderator Ades Zabel, - Moderator und Talkmaster Jörg Thadeusz und viele mehr. Dankeschön!

    Zukunft für Berlin: Hexerei oder Zauberei?

    Im Friedrichstadtpalast wurde am 9. November 2004 die 111.111. Besucherin der Revue HEXEN in der Vorstellung begrüßt und erhielt 2 Tickets für die Premiere der Weihnachtsrevue JINGLE BELLS und einen Riesen-Applaus.

    Hier wird versprochen, verzaubert zu werden.

    Vielleicht sollten wir in Berlin „Zaubern“ als Schulfach für Berlins Kinder und Jugendliche aufnehmen. Das könnte eine Antwort auf viele Fragen sein. Am 19.10.04 feierte im Winterpalast jedenfalls die Revue „Zauber-Zauber-Revue der Wunder“ Premiere. Hier fragt keiner, ob der Boom vorbei ist. Das Publikum staunte hörbar im voll besetzten Saal bis zum Schluss. Ein Abend voller Überraschungen. Vielleicht helfen auch die vielen Touristen, die dank der von der Berlin Tourismus Marketing GmbH gestarteten Werbekampagne aus aller Welt zum „Winterzauber“ nach Berlin kommen.

    Gegengift?

    Gegengift brachte Manfred Maurenbrecher Ende September in den Grünen Salon an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz mit und erreichte beim großen Publikum Applaus dafür. Auch Vanessa Maurischat streute süßes Gift im Oktober, sodass selbst Witzbolde und Zyniker vor Schreck ganz romantisch wurden. Mit viel Biss lässt sie kaum einen Wunsch offen. Die in Berlin lebende Sängerin, Texterin und Komponistin überrascht immer wieder mit ihrer Leichtigkeit und absurden Geschichten des Alltags. Da die gemeinen Kleinigkeiten auch in einer Großstadt nie ausgehen, freut man sich hier über fremdes Leid noch mehr und erhebt sich zum Schluss erleichtert, beschwingt und lächelnd aus den bequemen, grünen Sesseln des Salons.

    Die Berliner kämpfen weiter und sagen trotzdem: Willkommen, bienvenue, welcome. Am 23. Oktober feierte das große Berliner Musical des Kit-Kat-Clubs seine Auferstehung in der Bar jeder Vernunft. Von Christopher Isherwool aufgeschrieben mit der Schauspielerin Anna Loos-Liefers in der Hauptrolle wurde es mit riesigem Beifall aufgenommen. Hereinspaziert.

    Und wer nur Englisch versteht: „Laughapalooza“. Die English Comedy Show, jeden 3. Dienstag im Monat im Comedy Club Kookaburra am Rosa-Luxemburg-Platz. Oder doch auf Deutsch, z. B. bei der Cash Comedy Show mit Sebastian Schnoy.

    Redaktion: Yvonne Wende

     

    2004-12-15 | Nr. 45 | Weitere Artikel von: Yvonne Wende





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