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    Bühne frei auf hessischen Straßen

    50 Kilometer nordwestlich von Frankfurt ist es nicht nur idyllisch ruhig. Seit nunmehr sieben Jahren existiert im hessischen Städtchen Ortenberg das Straßentheaterfestival „Altstadt Pur“. Als künstlerischer Leiter erinnert sich Hans Schwab gerne an die Anfangszeit zurück: 2003 wurde das Festival zur „Belebung der Innenstadt“ erstmals organisiert. Von 1988 bis 2002 war Schwab an der Kleinkunstbühne Fesche Keller in Ortenberg aktiv. Dann hatte er das Theater an Nachfolger übergeben. Also ein guter Zeitpunkt für neue Erfahrungen: „Nicht eingefahrene Aktionen standen damals im Zentrum der Kampagne,“ so Schwab. Das Straßentheaterfestival liegt Schwab am Herzen, „Damit gehe ich zurück zu meinen Wurzeln und treffe viele tolle Kollegen.“ In diesem Jahr konnten sich die Zuschauer beim Duo Gletscherband amüsieren. Bei diesem Paar wird die Dame nicht zersägt, sondern lässt eigenhändig die Säge („im Odenwald sagt man dazu Kreissäsch“) singen. Und während sie nach der Ankündigung eines „Heimatliedes“ die Kuhglocke schwenkt, schmettert er den sinnigen Titel „Wer hat meine Wiese bei Mondschein gedüngt?“ Die Dame stammt aus deutschen Landen, der Herr aus der Schweiz, wie er mitteilt: „Von dort mütterlicherseits, väterlicherseits aus Sizilien – durch einen Freund meines Vaters!“

    Peter P. PetersWährend der Halbschweizer als Beweis seiner mütterlichen Herkunft zum Alphorn greift, installiert sich auf einem Platz weiter unten in Ortenbergs idyllischer Altstadt ein Künstler kanadischer Herkunft. Dado („Mon oncle“) singt nicht direkt, sondern ist äußerlich und lautmalerisch ein komischer Typ. Ehe sie sich versieht, hat er ein Mädchen zum Publikumsliebling erkoren. Mit Trillerpfeife und Kunstbuckel dirigiert Dado die junge Ortenbergerin zur Freude der Zuschauer. Und so erprobt die Kleine, zwar nicht ganz freiwillig, aber lieblich kichernd, ihre neue Rolle als Toilettenpapier-Halterin, während sich Dado in zwar bekannter, aber ungemein gekonnter Clowns-Manie zwischendurch auch mal der älteren Damenwelt zuwendet und trickreich ein Küsschen einfordert.

    Wieder nur ein paar Ecken weiter ertönt plötzlich ein kräftiges „Uffda-Uffda-Hö“. Vier tierische Gestalten bahnen sich einen Weg durch die Menge und ziehen kleine und große Zuschauer mit sich. Am Spielort angekommen, erledigen „Die Ameisen“ (Theater Picante), vier überdimensionale Insekten, einen naturgegebenen Auftrag: Die Suche nach Leckereien! Hier landet ein künstlicher Ameisenfühler im Bierglas, dort im Teller eines Zuschauers, alles quittiert vom lautstarken Lachen des Publikums und der kauderwelschenden und dennoch wohl verständlichen Kommentare der tierischen Akteure. Wenn die Ameisenchefin ihr „Zack-zack“ erklingen lässt, formieren sich die Vier erneut zur spaßigen Kolonie, natürlich nicht, ohne die „Futter-Spender“ noch fleißig mit einem kleinen polyphonen Lied zu erfreuen.

    Ebenfalls polyphon agieren die drei Klangkuriere. Mit bunten Franzosenkappen ausgestattet, überbringen sie im Dreiklang musikalische Grüße. Hier sind es „Urlaubsgrüße von Bekannten“ an Passanten. Dort ist es ein flottes Weinlied am Stand eines örtlichen Weinverkäufers. Spontan dreht sich der Unterhaltungswert in persona des Unterhaltungswirts, der die Aufmerksamkeit nutzt, um schnell noch einen Witz zu erzählen und drei Prosseco auszugeben.

    Nicht von Getränken, sondern eher von Handtaschen profitiert kurzfristig die Mabo-Band mit Hilfe von zwei Saxophonen, Posaune und Tuba. „Ganz zufällig“ hat der Tuba-Spieler mit Hilfe seines Instruments eine Handtasche „mitgehen lassen“. Nach lautstarker Diskussion der Bandkollegen mit unterhaltsamer musikalischer Untermalung wird diese wieder der rechtmäßigen Besitzerin zugeführt.

    Von dem ganzen Rummel des Altstadt-Festivals augenscheinlich unberührt steht Bacchus auf einer Bühne. Voluminös gekleidet und geschminkt hält die lebende Statue erst reglos einen Kopf unter dem Arm. Dass Bacchus lebt, ist für das Publikum keine Frage. Aber über den Umstand, dass sich auch der körperlose Kopf unter seiner Armbeuge dreht oder die Augen schließt, entbrennen heftige Diskussionen unter den Zuschauern. „Das sind zwei Leute“, meint ein Beobachter zu erkennen. Wer Bacchus trifft, mag selbst entscheiden!

    Kurzum: Nicht nur ein wunderschönes Ambiente wie die Ortenberger Altstadt sind vonnöten, sondern auch das Organisationstalent des Machers Hans Schwab sowie seine gute künstlerische Auswahl, um eine solche Straßentheater-Performance bieten zu können. Zu dieser trugen auch noch die Drum Friends, das Wiener Masken & und Musiktheater sowie A Glezele Vayn bei. Einen angenehmen Herbst und Winter sowie viel Erfolg

    wünscht Kiki Krebs


     

    Termine

    „Alle mal die Hand heben“, fordert Daniel Helfrich am Donnerstag, 1. Oktober, 20 Uhr, die Zuschauer in der Frankfurter Interkulturellen Bühne auf, an seinem Programm teilzuhaben. Geboten wird „Pianormales Kabarett“, mit schwarzem Humor und intellektuellem Blödsinn. Und am Freitag, 2. Oktober, 20 Uhr, feiert das Programm „Les chansons du paradis“ Premiere im Internationalen Theater Frankfurt, eine Show der Sängerin Mouron und des Pianisten Terry Truck. Bei ihnen zu Gast sind zwei „Poeten des Tanzes durch die Luft“, nämlich Anne Tournié und Cyrille Vergnes.

    AdNr:1073

     

    2009-09-15 | Nr. 64 | Weitere Artikel von: Kiki Krebs





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