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    Ein sinkender Stern: Der Starclub Kassel steht vor dem Aus



    artbild_250_starclub_freiSchon oft war in diesem Medium von Götz Ohlendorfs Kasseler Varieté-Theater „Starclub“ die Rede. 1996 hat er es, im Zuge der Deutschland-weiten Varieté-Comeback-Stimmung, eröffnet. Eine kleine, feine Lokalität, mitten im Vorderen Westen, sozusagen Kassels „Prenzlauerberg“, in dem seither die Preise für Miet- und Eigentumswohnungen in sprunghafte Höhen geschnellt sind.

    Die „Welt der kleinen Wunder“, so der Subtitel des Etablissements, fand Anklang, bei den Kasselern wie bei den Einwohnern des „Speckgürtels“ gleichermaßen. Es war nicht einfach, an Karten für eine Show zu kommen. Dem Missverhältnis von Angebot und Nachfrage rückte Ohlendorf durch die Anmietung einer größeren Spielstätte in der „Kurfürstengalerie“ in der Innenstadt zu Leibe, die, je nach Bestuhlung, 250 Plätze oder mehr aufwies. Der Ortswechsel schien sich bezahlt zu machen, allerdings nur bis Juli 2009. In diesem Monat endete der Mietvertrag, und der neue Hausherr -  die Einkaufsgalerie hatte mittlerweile den Besitzer gewechselt – erklärte sich nicht bereit, den Betrieb durch eine moderate Mietforderung gleichsam zu subventionieren, wie es der ehemalige Eigner getan hatte. Ohlendorf zog aus, plante einen Neubeginn in den Repräsentationsräumen des gerade durch Umzug frei gewordenen ehemaligen Finanzamts, nur einen Steinwurf von der Kurfürstengalerie entfernt. Doch die Unsummen, die der Umbau gekostet hätte, ließen ihn diesen Plan letztlich aufgeben.

    Vorübergehend fand er Asyl in der Alten Brüderkirche, eine Dauerlösung, das war klar, konnte die Unterbringung in Kassels ältestem Sakralbau nicht sein. Schließlich kehrte er, 2010, zurück in den Vorderen Westen, an seine alte Wirkungsstätte, deren Kapazitäten er auf 125 Plätze erweitern konnte. Nun schien alles „in trockenen Tüchern“ zu sein. Bis, im Mai dieses Jahres, Gerüchte über nicht bezahlte Rechnungen und nicht entlohnte Mitarbeite-rinnen in Umlauf kamen. Mittlerweile hat sich die HNA, die Zeitung für Kassel und Nordhessen, auf Recherchetour begeben und wenig Erbauliches zu Tage gefördert: 15 Gläubiger warten auf ihr Geld, Insider sprechen von 85 Titeln, die gegen Ohlendorf geltend gemacht werden. Von einem früheren Geschäftspartner liegt eine Anzeige wegen Betrugs vor. Zudem wurde bekannt, dass bereits im August 2013 ein Insolvenzverfahren gegen die RL Event GmbH & Co. KG eröffnet wurde, deren Geschäftsführer der Starclub-Chef ist.

    Dunkle Wolken über der „Welt der kleinen Wunder“, die, allen düsteren Prognosen zum Trotz, ein neues Programm für September angekündigt hat. Sein Titel: „Notaufnahme“. Selbstironie oder Galgenhumor?

    So oder so: Die Schließung des „Starclub“ wäre ein großer Verlust für Kassel und die Region. Man kann nur hoffen, dass sich potenzielle Sponsoren, aber auch die öffentliche Hand, dieser Tatsache bewusst ist. Und nach Lösungsmöglichkeiten sucht, der Stadt dieses Theater zu erhalten. Immerhin war die Klientel ja offensichtlich hier einmal vorhanden, die ein solches Unternehmen trägt. Eine Werbeoffensive? Eine Vereinsgründung? Oder vielleicht könnte der Starclub ja ein neues Glied der „Varietékette GOP“ werden, die bis jetzt sechs Städte, davon die meisten kleiner als Kassel, mit dem Zauber der Luftgängerei versorgt, vielleicht könnte ja die „Komödie Kassel“, auch sie Mitglied einer Kette, die Boulevardtheater für mehrere Städte macht, da als anregendes Vorbild dienen?

    Schnelles Handeln respektive Eingreifen ist jetzt das Gebot der Stunde. Götz Ohlendorf, der eine hervorragende Arbeit geleistet hat, hätte es verdient. Die Bürger Nordhessens hätten es verdient. Und die Artisten sowieso. Wir würden sie vermissen. 


    Redaktion: Verena Joos

    2015-06-30 | Nr. 87 | Weitere Artikel von: Verena Joos





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