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  • Themen-Fokus :: Clown | Mime

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    Pantomime Popkultur - wenn Mime auf Technik stösst


    Von Körpersprache-Apps, Bloggen und Robotern.

    artBild_180_Stefan_WagnerVon Kassandra Knebel: Ich bin immer wieder auf der Suche nach Mimen. Mich interessiert, wie sie den Beruf interpretieren, wie sie Körpertheater weiterentwickeln oder mit anderen Diszi-plinen verbinden - kurz: Ich will wissen, was Künstler aus dem Bereich Mime so alles auf die Beine stellen.
    Letztens bin ich auf Stefan Wabner (Bild) getroffen. Er spielt Pantomime-Shows und ist mit dem Pantomime Popkultur international unterwegs. Er bloggt über Körpersprache, non- verbale Performance und gibt Tipps für Eventplanung und für Künstlerkollegen. Er hat eine eigene App zum Thema Körper- sprache entwickelt und baut Roboter. Diese Bandbreite finde ich total spannend. Da wollte ich mehr wissen…

    Der Anfang.
    Kassandra Knebel: Wie kamst Du zur Pantomime? 
    Stefan Wabner: Als ich 14 Jahre alt war, war Breakdance bei uns im kleinen Städtchen schwer angesagt. Dabei haben mich Roboterbewegungen und Pantomime Illusionen wie „Die Wand“ oder „Laufen auf der Stelle“ am meisten beeindruckt.
    Mit meinem guten Freund und Bühnenpartner Rocco Menzel haben wir zu einem Schultalen- tefest ein Stück kreiert, in dem ein Erfinder (ich) einen Roboter (Rocco) baut. Der Roboter geht kaputt und führt ein Eigenleben. Pech für den Erfinder, denn er muss das Problem lösen…. Darauf hin wurden wir sofort auf ein lokales Fest gebucht: „Ihr bekommt 50 Mark und ne Bratwurst.“ Der Deal war perfekt und meine erste bezahlte Buchung gesichert.

    International.
    Kassandra Knebel: Du beziehungsweise du und dein Partner habt viele Shows in fernen Ländern gespielt. Wo warst Du schon? Was ist anders als hier? 
    Stefan Wabner: Da wir vorrangig nonverbalen Acts und Shows spielen, sind wir gut rumge-kommen. Neben Korea, Indien und Thailand war wohl die spannendste Reise zu einem Straßenfestival im Iraq. Eine unwirkliches Land, gefangen zwischen Tradition und dem Willen zum Aufbruch. Auf der organisatorischen Ebenen sind zwei Welten aufeinander geprallt. Einen Morgen wurden wir geweckt und es wurde gesagt: „Um 11:00 Uhr spielt ihr in der Kunst-Universität. Let’s go!“ Tief durchatmen, tief durchatmen.

    Die App.
    artbild_610_App_ScrKassandra Knebel: Du hast eine Körpersprache-App auf den Markt gebracht.
    Was ist das? 
    Stefan Wabner: Wer auf der Bühne wenig spricht, muss sich um so mehr auf seinen Körper verlassen. Mit meinem guten Freund Tom Rothe habe ich deswegen zwei Apps für das iPhone entwickelt. Die App „Körpersprache Trainer“ zeigt alle Basisgesten und erklärt kurz und knapp deren Bedeutung. Mit der App „Microexpression Training“ lernt man Gesichtsausdrücke zu erkennen, die nur ein Bruchteil einer Sekunde andauern. Wer dies lesen und deuten kann, versteht seinen Gegenüber besser und kann emphatischer reagieren. Diese Fähigkeiten sind besonders wichtig beim Verkaufen, Flirten oder wenn man erkennen will, ob jemand lügt.

    Der Blog
    Kassandra Knebel: Worüber schreibst du in deinem Blog? Warum bloggen?
    Stefan Wabner: Auf meinem Blog teste ich mich aus. Nicht nur technisch „Wie schreibt man gut?“ sondern auch inhaltlich. Wenn ich über ein Thema schreibe, recherchiere ich und lese mich in die Materie ein. Ich schreibe nicht nur für Künstler sondern behandele auch Themen, die meine Kunden interessieren. Zum Beispiel: „Wie bekomme ich mehr Besucher an meinen Messestand.“

    Die Walkacts
    Kassandra Knebel: Du hast sehr viel Erfahrung mit Walkacts. Hast du besondere Anekdoten?
    Stefan Wabner: Jeder Walkact spielt sich anders. Was wohl immer gleich ist, dass man im Charakter bleibt, nicht „privat“ wird.
    Am Lustigsten ist es, wenn wir unsere „Maschinenmenschen“ auf einer großen Messe, wie der Hannover Messe, am Stand vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie spielen.
    Die Umgebung einer Industriemesse erzeugt die Illusion, dass diese Art von humanoiden Robotern möglich ist. Gerade Gäste aus Fernost testen unseren Roboter ob er „echt“ ist. Dabei machen sie die krudesten Verrenkungen und testen die Grenzen unserer „Sensoren“. Unter der Maske muss man sich stark beherrschen, damit man nicht laut loslacht.

    Maschinenmenschen
    artBild_350_gentlemenKassandra Knebel: Ein wichtiger Teil deiner Arbeit geht in Richtung Maschinenmenschen, Roboter. Wie kam es dazu? Was muss man können?
    Stefan Wabner: Auf Roboter kann man viel projizieren: zum Beispiel abstrakte Themen wie „Zukunft“ und „Technik“. Dass passt sehr gut für viele Firmen-events. Ich glaube, jeder kleine Junge wünscht sich insgeheim einen Roboter als Freund, mit dem man coole Aben- teuer bestreiten kann. Das bleibt noch lange bis ins Erwachsenenalter bestehen. Bei mir zumindest.
    Beim Breakdance haben mir die Roboter-Bewegungen immer am Besten gefallen. Natürlich war das auch das Alter, in dem man Tanzen wollte, um Mädchen zu beeindrucken (lacht).
    Die Faszination ist bis heute geblieben. Für einen authentischen Roboter-Act muss man an einem harten „Stop“ üben. In der Pantomime nennt man das „Toc“. Da man permanent die Muskeln anspannt, ist dieser Act körperlich anstrengend. Deswegen spiele ich gern Sets von 25 Minuten. Danach brauche ich eine Pause, ansonsten werden die Bewegungen zu weich. Das sieht dann nicht mehr schön aus.

    Der Roboter
    artBild_350_kinderroboterKassandra Knebel: Deine Faszination für Technik scheint sehr groß zu sein. Du hast einen Roboter für Walkacts entwickelt? 
    Stefan Wabner: Roboter üben eine große Faszination aus. Nicht nur bei mir. Als ich eine ferngesteuerte Puppe auf einem Dreirad gesehen habe, war ich sofort fasziniert.
    Ich wollte sofort einen ferngesteuerten Roboter-Charakter entwickeln, der vor allem liebenswert ist. Deswegen habe ich ihm niedliche Attribute wie große Augen und einen großen Kopf gegeben.
    „Hugo, der sprechende Roboter“ kommt bei Kindern wie auch bei Erwachsenen sehr gut an. Als Puppenspieler spreche ich „durch ihn“. Dadurch kann ich mit den Gästen Eins zu Eins Gespräche führen.

    Die Branche
    Kassandra Knebel: Du arbeitest schon sehr lange professionell als Pantomime für Events. Was ist wichtig, um hier erfolgreich zu sein? 
    Stefan Wabner: Wenn mir warm ist, kann ich mir schwer vorstellen, dass es jemand anderen kalt ist. Nicht wie eine Meinung, sondern wie ein Fakt. Wenn mit etwas wichtig ist, dann kann ich mir schwer vorstellen, dass es für jemand anderen unwichtig ist. Nicht wie eine Meinung, sondern wie ein Fakt.
    Viele von uns kreieren Kunst, die ihnen selber wichtig sind. Doch wenn wir von unserer Kunst leben wollen, müssen wir Wege finden, wie unsere Kunst für andere wertvoll wird. Nur so können wir Geld verdienen. Auf meinem Blog kommt demnächst ein Artikel, in dem ich zeige, wie das aussehen kann.

    Herausforderungen
    Kassandra Knebel: Wo siehst du die größten Herausforderungen in der Pantomime? Worauf glaubst du, sollten insbesonders junge Künstler achten?
    Stefan Wabner: Grundsätzlich beobachte ich die Verschärfung des Wettbewerbs auf dem kompletten Kunstmarkt. Zum einen drängen mehr Künstler auf den Markt, deren Qualität höher ist, als noch vor 15 Jahren.
    Durch das Internet und Youtube lernt die neue Generation schneller und misst sich weltweit. Das führt zu einer Verbesserung in jedem Genre. Das bedeutet aber auch, dass man sich nie ausruhen kann.
    Das Geld sitzt bei den Kunden nicht mehr so locker.
    Nichts dem zu trotz ist es richtig für seine Arbeit eine angemesse Gage zu verlangen. Es ist im Interesse aller Künstler die Preise oben zu halten. Von Dumping hat auf lange Sicht niemand etwas.

    Hier ist ein Artikel der wahrscheinlich vor allem für junge Künstler interessant ist:

    53 Tipps für Künstler über Kreation, Performance und Verkaufen von Kunst.  


    WebInfo: Pantomime-popkultur.de


    Redaktion:
    Kassandra Knebel


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    216|739 TG: Clownschule Uli Tamm . Klinik-Clown . Clownschule
    2016-07-04 | Nr. 91 | Weitere Artikel von: Kassandra Knebel





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