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    Varieté in Berlin

    Ein gelungenes Abschiedsgeschenk für den ehemaligen Intendanten Alexander Iljinskij, der für die neue Revue als Buchautor und Texter verantwortlich zeichnet, ist die Inszenierung „Hexen“, die am 4. September Premiere hatte, bedauerlicherweise nicht geworden.

    Vier Hexen, drei singend, eine stumm, wollen auf unterschiedliche Weise ihre irdischen Träume verwirklichen: Donna (Iris Makris) sucht den Mann ihrer Träume und erschafft Adam, der sich aber lieber eine Eva sucht. Wicca (Susann Malinowski-Märtens) möchte die Besten aus der Vergangenheit zurückholen, Bella (Leah delos Santos) findet statt Liebe Krieg und Hass auf der Welt und Clony (Katja Berg) möchte mit Hilfe der Technik klonen. Am Ende müssen alle vier feststellen, dass sich ihre Träume nicht realisieren lassen.

    Auf der Bühne bleibt diese Handlung allerdings nahezu unverständlich und ist nur mit Hilfe des Programmhefts zu entschlüsseln, und manche Liedzeilen sind arg platt wie „Ich warte auf das Leben, jetzt ist es da ...“. Dazu gibt es als „Zeichen“ betitelte Zwischenspiele, deren Funktion völlig unklar bleibt.

    Die Choreografie ist leider – obwohl hier vier Choreografen tätig waren – vor allem im ersten Teil weitgehend einförmig, in jeder Disco geht es turbulenter zu als in der Walpurgisnacht der Revue. Das letzte Bild mit einem riesigen Laptop wird dann für die Handlung überhaupt nicht mehr genutzt, Hexe Clony darf dafür mit einer fahrbaren Riesencomputermaus Runden über die Bühne ziehen. Am gelungensten sind die Szene „Wings of Death“ im dritten Bild und der Pas de deux, und die perfekte Girlreihe, Markenzeichen des Balletts, löst spontanen Beifall aus. Vier akrobatische Darbietungen bereichern das Programm. Die Pellegrini-Brothers aus Italien zeigen eine ausgezeichnete Äquilibristik mit einer trickreichen, schwierigen Partnerarbeit der vier Artisten. Das Duo Coppia d’amanti am Trapez zeigt eine saubere Arbeit mit allen Standardtricks einer solchen Darbietung. Was allerdings eine Nummer wie die des Duo Sidorenka, angekündigt als Hochseilarbeit (das Requisit ist aber ein Tanzseil), in diesem Haus zu suchen hat, bleibt rätselhaft. Die einfachen Schritte auf dem Seil und als Höhepunkt ein nicht gestandener Rückwärtssalto des Partners sind wohl doch zu wenig. Imagine Air, sechs Mädchen an Vertikalseilen, wurden für diese Inszenierung eigens in London ausgebildet, das ist bühnenwirksam, nur: warum arbeitet jede für sich? Eine Synchronarbeit oder zumindest ein erkennbar choreografierter Ablauf der Darbietung, wie er erst beim Abgang sichtbar wird, hätte die Wirkung wesentlich erhöht.

    Das Bühnenbild von Hein Hauser gehört zu den besten Seiten dieser Revue, manchmal märchenhaft bunt, dann auch düster und grau, bleibt es immer beeindruckend, und auch für die eher rätselhaften „Zeichen“ fand er gelungene Lösungen. Vielleicht zeigt diese Inszenierung, dass es nicht immer und unbedingt erforderlich ist, einer Revue eine komplizierte Handlung aufzuzwingen, wenn dabei die gewünschte Leichtigkeit verloren geht.

    Ab 31.Oktober läuft die neue Kinderrevue „Münchhausen Junior“ (Regie Oliver Konrad), ab 23.11. die jährliche Weihnachtsrevue „Jingle Bells“ mit April Hailer als Gastgeberin.

    Nach der Insolvenz des Chamäleon-Varietés gab es einen hoffnungsvollen Neubeginn: Unter der Bezeichnung „Chamäleon Musik-Theater-Varieté“ hat die A + O Entertainment GmbH das Haus übernommen. Der historisch wertvolle Saal des Varietés in den Hackeschen Höfen wird schrittweise behutsam restauriert und in den Originalzustand versetzt. Dabei werden ein neues Bühnensystem und moderne Ton- und Lichtanlagen eingebaut. So steht der Saal für eine erweiterte Nutzung zur Verfügung. Weitere Ausbauschritte sind geplant.

    Am 23. September startete das Chamäleon mit der Show „100% – Der Kult kehrt zurück“, die bereits vor zwei Jahren mit Erfolg über die Bühne gegangen ist. Die Geschichte erzählt von Schülern einer Artistenschule am Tag vor der Abschlussprüfung und ihren Erinnerungen an das zurückliegende Jahr. In der Rolle der Ausbilder präsentieren sich die Skating Willers. Auch wenn die Handlung mitunter ein wenig bemüht wirkt, war es sicher eine gute Idee der neuen Chamäleon-Macher, diese Inszenierung noch einmal aufzunehmen (Regie Markus Pabst und Maximilian Rambaek). Sie ist bis Januar 2005 zu sehen.

    Hacki Ginda, einer der Gründer des Chamäleons, hatte sich mit seinem Ensemble eine neue Spielstätte im BKA-Luftschloss am Ostbahnhof gesucht, die nun durch die Insolvenz der BKA ausgefallen ist. Ginda hat aber bereits etwas Neues im Auge: ein altes Pumpwerk an der Spree in der Nähe des Ostbahnhofs. Geplant ist ein „Zentrum für Körper, Kunst und Bewegung“, das neben dem Varieté auch eine Artistik- und Tanzschule sowie einen Wellnessbereich erhalten soll. Bereits bis Ende 2005 soll der Bau beendet sein.

    Erstmals wurde am 18. Oktober der „Wesemann-Preis für Ereignisproduzenten“ verliehen. Initiiert wurde der Preis durch die „vive – jan wesemann künstlerförderung e. V.“, die sich als Vermächtnis des früh verstorbenen Berliner Kulturmanagers Jan Wesemann (einer der Mit-gründer des Chamäleon-Varietés) zum Ziel gesetzt hat, Künstler zu fördern und ihnen zu einem Karrierestart zu verhelfen oder Unterstützung für neue Projekte zu bieten.

    Zur ersten Preisverleihung stellten sich sechs Darbietungen vor: Fön, ein Quartett mit „Texten an Musik“, Volker Strübing mit Humorgeschichten, der Sänger Friedrich Liechtenstein, der Comedy-Liedersänger Rainald Grebe, der Kabarettist Martin Puntigam und der Comedy-Akrobat Waldemar Müller, letzterer mit einer Darbietung mit Bürorequisiten. Jury und Publikum entschieden sich für Rainald Grebe mit seinen skurrilen Liedern.

    Bereits zum 244. Mal gab es vom 1. bis 8. November in der Urania die Internationale Varieté-Serie, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiern konnte. Erich Richter, der von Beginn an bis heute diese Veranstaltung organisiert, wurde für sein unermüdliches Wirken am 8. November mit dem Großen Bundesverdienstkreuz geehrt.

    Im Wintergarten gab es bis Ende Oktober „Zauber Zauber“, u. a. mit Omar Pascha, der Kartenmanipulatorin Juliana Chen, dem Gedächtniskünstler Jan Becker und dem Clown Boiranov.

    Das neue Programm „Balagan“ (Regie Sebastiano Toma) läuft vom 4.11. bis 29.1. 2005, dabei sind u. a. das Balagan-Orchester mit der Sängerin Momo, die Luftakrobatinnen Maryna & Svetlana, das Akrobatik-Duo Passion und Les Petits Freres (Parterreakrobaten aus Frankreich). Auch in diesem Jahr gibt es wieder das Kinderprogramm „Zimt & Zauber“ an den Adventssonntagen, u. a. mit Akteuren des Kinder- und Jugendzirkus Cabuwazi und dem Magier Ully Loup.

    Redaktion: Dietmar Winkler

    2004-12-15 | Nr. 45 | Weitere Artikel von: Dietmar Winkler





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