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    Wir werden alle überwacht!

    Fangen wir mit den „Local Heroes“ an. Im  Kunstvereinskeller in Fellbach trat eine Gruppe Bildschoner & Wolf mit der Sängerin Linda Dorittke auf! Die Formation hat unter dem Titel artbild_350_joe_schauJö schau!“ ein Programm mit Liedern des viel zu früh verstorbenen Liedermachers Georg Danzer zusammengestellt. Unerhörtes und gern Gehörtes! Zwischen den Liedern rezitiert Thomas Koch Literarisches von österreichischen Schriftstellern wie Elfriede Jellinek, Ludwig Hirsch, H.C. Artmann und Thomas Bernard.

    Die Texte sind gut ausgewählt, haben einen feinen Humor und passen sehr gut zu den Danzer-Liedern, die  Linda swingend mit ihrer Blues-Rock Röhre intoniert. Die Songs haben auch nach rund dreißig Jahren ähnlich wie Kreisler-Lieder nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Als Beispiele seien „Wir werden alle überwacht“ und „Sex-Appeal“ genannt. Es handelt sich um eine Amateurgruppe, aber alles ist sehr professionell gemacht, die Begleitung an Kontrabass, und Gitarre ist stimmig, die Texte werden variationsreich vorgetragen. Ein kleiner Wermutstropfen ist der häufige Blick des Rezitators auf das Manuskript. Wenn es mal um Österreich und Kultur, Songs und Literatur geht, kann man diese Gruppe nur empfehlen. (siehe auch unten:Auftrittsinfo)

    Danzer hab ich um 1980 auf der Loreley gesehen, zusammen mit Juana, Hirsch (sein erster Auftritt in Deutschland), Moustaki und ...

    artbild_250_2014_Wecker... Konstantin Wecker. Und der feiert im Jahr 2014 sein 40. Bühnenjubiläum. Das Stuttgarter Renitenztheater hat ihn in die Liederhallte eingeladen. Und dann beginnt er mit einem Sprechgesang, den er Jahre ignoriert hat, mit seinem „Willy“, der ihn besonders bekannt gemacht hat. Und dieser Willy, der im Song von Rechtsradikalen erschlagen wird, lebt. Er ist als Helfer auf der Jubiläumstour dabei. Die Musiker sind wieder absolute Superprofis. Und Wecker spielt rund 40 Lieder, von seinen Anfängen bis in die Gegenwart, Politisches und Persönliches, über Abstürze und wie er sie überwunden hat. Vielen seiner Zuhörer hat er auf dem Zickzackkurs zum aufrechten Gang mit seinen Liedern wie „Genug ist nicht genug“ auf ihrem Weg begleitet. Kraftvoll singt er gegen Kapitalisten und Militaristen, gegen Spießer und gegen die „da oben“ an. Aber grade seine ruhigen und lyrischen Lieder ziehen die Leute in ihren Bann.

    Und bei gut einer Stunde Zugaben dauert das Konzert fast vier Stunden, ungefähr so lange wie ein Peter Kraus Konzert, wie Wecker in der Mitte der Show warnend ankündigt. Wie man schon ahnt, die Zuschauer forderten eine Zugabe nach der anderen, eine gute, fast familiäre Stimmung im Saal. Und das ist nicht nostalgisch, allein das Thema Kampf gegen Ausländerhass oder Krieg springt einem ja täglich aus den Zeitrungen entgegen. Ein Mann, der 100prozentig politisch hinter seinen Songs steht. Wecker war ja auch zu Beginn des Irakkrieges mit anderen Pazifisten als lebendiges Schutzschild im Irak. Das alles ist keine Nostalgie, sondern gelebte Gegenwart.

    artbild_350_Renitenz_Tuer02Im Stuttgarter Renitenztheater gab es wie in jedem Jahr im Dezember die Premiere des neuen Hausprogramms. Ein festes Ensemble gibt es seit vielen Jahren nicht mehr, es werden immer wieder neue Schaupielerinnen und Schauspieler engagiert. Und die Spielenden der Saison 2014 -15 agieren in dem Stück „Tür auf, Tür zu“ von Ingrid Lausund hervorragend. Schirin Brendel, Michael Günther und Martin König und der Regisseur Benjamin Hille geben ihr Bestes. Worum geht es? Eine Frau in den besten Jahren, erfolgreich und fit, ist es gewohnt, dass sich die Türen vor ihr auftun. Doch plötzlich ist die Tür geschlossen, die Frau gesellschaftlich isoliert. Inhaltlich eigentlich interessant, aber der Text hält nicht, was er verspricht. Viele Wiederholungen, fehlende Spannungsbögen, was die Gruppe durch Witz und Slapstick aufzufangen versucht. Schade, dass dieses starke Ensemble kein besseres Material zur Verfügung hat.

    Da Stück ist noch im Januar und Februar im Renitenz zu sehen. 

    Vor zwei Jahren haben Honey Pie mit dem Intendanten Weingarten das Hausprogramm bestritten. Und damals waren die Songs hervorragend und man spürte die sichere Hand der Regie. In diesem Jahr habe ich die Gruppe mit ihrem neuen Programm „Hotter than ever“ in Esslingen im Keller der Galgenstricke gesehen. Und der Titel hält nicht immer, was er verspricht. Oft gibt es schwache Conferencen zwischen den Songs, die die Popgeschichte von den Anfängen der Beatles bis in die Zeiten von Madonna, Pink und Britney Spears aufzeigen. Erst wenn Anette Heiter die Moderation mit ihren satirischen Spitzen übernimmt, wird es auch verbal spritzig und witzig. An Kostümwechseln, kleinen gespielten Zickenalarm auf der Bühne wird nicht gespart, und die tolle Bluesröhre von Susanne Schempp möchte man gern öfter hören. Insgesamt ein unterhaltsamer Abend, die Stimmung im fast ausverkauften Gewölbekeller ist gut, und nach Zugaben sprinten die drei Künstlerinnen ins Foyer, um noch CDs zu verkaufen, Autogramme zu geben und für Gespräche zur Verfügung zu stehen. Ein sympathischer Abschluss dieses Abends.

    Noch einmal fast eine Frauengruppe, diesmal ein Ein-Frau-Theater mit satirischen Elementen.  Katja Schmidt-Oehm vom Theaterhaus  Stuttgart hat sich mit „Mondscheintarif“  von I. von Kürthyein ein Stück auf den Leib schneidern lassen, dass zu ihrer Persönlichkeit passt. Spielerisch gut gemacht, alle Facetten ihrer Könnens kommen zur Geltung. Inhalt: „Nach dem ersten Sex mit „Mr. Right“ spielt Cora alle Möglichkeiten durch, wie es weiter gehen könnte, ohne in peinliche Situationen zu kommen“. Katjas Darstellung wird mit einem lang anhaltenden Applaus belohnt!

    Ebenfalls im Theaterhaus die alljährliche Friedensgala der Anstifter“, die in diesem Jahr den Friedenspreis an Edward Snowden vergeben haben. Er wurde aus Moskau zugeschaltet und hielt eine bewegende Dankesrede. Umrahmt wurde die Veranstaltung mit sozialkritischen Liedern der Band „Rainer von Vielen“, die im Laufe des Abends immer besser wurden. Auch der Schauspieler Walter Sittler und Peter Grohmann, der Satiriker und Gründer der Anstifter,  gaben ein kurzes Statement ab.

    In der Friedenau in Stuttgart gab es die Premiere des „Dialogtheaters“ mit Karlo Müller und Ferdinand Rother. „Es dauert verdammt lange, bis man jung wird!“ Über die Gruppe habe ich schon in der letzten Ausgabe berichtet. Nun wurde es ernst. Premiere in der Friedenau. Nach einem etwas zögerlichen Anfang bekommt das Stück mit dem ersten langen Solo Power und nimmt echt Fahrt auf. Dieses Gefühl wird mit in den zweiten Teil herübergenommen. Ein eigenes Stück mit eigener Regie! Ein Anfang ist gemacht! Außerdem setzt sich Karlo auch in Workshops und Seminaren ernsthaft mit dem Thema Alt und Jung auseinander, und dieses Engagement tut auch seinem Stück gut!

    Ansonsten rauschten Badesalz, Krömer kurz vor seiner Frühpensionierung, Nepo Fitz, Altinger & Liegl, Schleich, Max Uthoff und Rebers über die Stuttgarter Kleinkunst- und Theaterbühnen.

     
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    Jö schau!

    Eine Hommage an Georg Danzer und seine literarischen Zeitgenossen

    Linda Dorittke: Gesang. Thomas Koch: Rezitation. Peter Stepan: Gitarre. Matthias Wolf: Bass.

    Unerhörtes und gern Gehörtes: Ein audiophiler Feinschmeckerabend mit Kompositionen der Lichtgestalt des Austropops, samt und sonders in neuem Gewand, serviert mit literarischen Skurrilitäten von H.C. Artmann, Thomas Bernhard, Franzobel, Elfriede Jellinek, Ludwig Hirsch, und anderen. 

    Technische Information:
    Wir benötigen eine Bühne mit den Mindestmaßen 3x4m. Der Veranstaltungsraum soll abgedunkelt sein, die Bühne weiß ausgeleuchtet – möglichst auch von hinten, alternativ Gassenlicht. Aufführungsdauer ca.

    Rahmenbedingungen:
    Wir benötigen eine Garderobe, eine ordentliche Jause und zum Nachspülen möchten wir auch noch etwas. Tontechnisch sind wir bis 100 Zuhörer autark. Alles was darüber hinaus geht brauchen wir eine Tonanlage mit Monitoring + Techniker, sonst wirds für die hinteren Reihen kein Spaß. Details gerne auf Anfrage. Kosten für Aufführungsrechte, GEMA und dgl. gehen zu Lasten des Veranstalters.


    Redaktion: Bruno Schollenbruch

                               

    2014-12-30 | Nr. 85 | Weitere Artikel von: Bruno Schollenbruch





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