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    „... einfach rund“

    ging es im GOP Varieté Essen. Der große Blonde aus dem Norden, Jörg Jara, hatte seinen schrägen Vogel Olga mitgebracht und beide führten ventriloquistisch mit frech-liebenswürdiger Schnauze durch die April-Produktion. Rund waren nicht nur die Scheiben von Jean Marc Lehmann. Er brachte mit seiner temporeichen Jonglage noch ganz andere Dinge in schwungvolle Kreise. Eher eckig und kantig waren die Stühle und Tische von Cecilia Hedlund, die sie zu einem hohen Turm zusammenbaute, um dann in waghalsiger Höhe diverse Handstände zu zelebrieren. Drehungen mit eingebautem Slapstick waren das Metier von Rainer Stanke am Reck, der seinen widerspenstigen Teppich zum Ausrollen bewegen wollte und dies mit Bravour herrlich komisch meisterte. Bei Vladimir Grinik hingegen hieß es Balance halten auf einem wackligen Stapel von Rollen und Brettern in seiner exzellenten Rola Rola-Darbietung. Partnerakrobatik in fantasievollen Kostümen, verbunden mit klassischer Artistik und tänzerischer Harmonie boten Heir of Insanity (Julia Dixey & Simon Schofield), und ebenso hoch in den Lüften am Trapez konnte man den theatralischen Ausdruck der beiden bewundern. Diana und Jouri bewegten sich mit tänzerischer Leichtigkeit und schwierigen Balancen auf dem Einrad. Ein ästhetischer Genuss mit herausragender akrobatischer Leistung. Im großen Finale hieß es dann: bis zum nächsten Mal.

    „Der Schöne und das Biest“ – so die Bezeichnung zweier Gegensätze im GOP Varieté, Hannover. Helge Thun, blond gefönter Zaubersasser, und Langhaar Heiner Kondschak lieferten sich als Moderatorenduo mit Texten und Tricks eine liebenswürdige Fiesheit nach der anderen. Valentino, das sind lateinamerikanische Rhythmen und neun fliegende Ringe. Aber auch andere Gegenstände ließ der smarte Jongleur durch die Lüfte wirbeln zu mitreißender, feuriger Musik. Die Frage, was oben, unten, vorne oder hinten ist, stellt sich bei Uanaa eher weniger. Denn ihr geschickter Umgang mit dem Körper stellt die Perspektive ohnehin auf den Kopf. Mit unglaublicher Biegsamkeit schuf die Kontorsionistin Bilder voller Poesie und Anmut. Wenn eine Dame ihren Partner auf Händen trägt, dann sind die 2 Trux nicht weit, mit einer kraftvollen Partnerakrobatik. Zu klassischen Tangoklängen gab es Handstandakrobatik vom Feinsten. Temperamentvoll und schneller als das Auge kreisten die Ringe bei Rimma Krilowa um die Hüften. Mit Charme und Esprit bezauberte sie in ihrer Hula-Hoop-Darbietung. Mei Ling, das ist elegante Äquilibristik auf hohem Niveau mit akrobatischer Leistung und Bewegungspoesie. Traditionelles Handbalancieren verbindet sie mit einer modernen Tanz-Akrobatik in beeindruckender Weise. Im Finale verabschiedeten sich dann alle Künstler von einem begeisterten Publikum.

    „... über den Wolken“ schwebten die Artisten des GOP Varietés in Bad Oeynhausen zwar nicht, dafür gab es bodenständige Artistik, wortgewitzt moderiert von Thomas Philipzen. Silvio Sortirov sorgte mit außergewöhnlicher Handstandäquilibristik und Körperbeherrschung für Aufsehen. Flugelemente an den Strapaten mit perfekt inszeniertem Tanz verband das Duo Gorodji hoch in den Lüften zu einer Einheit. Ein clownesker Jongleur mit riesigen Kulleraugen, weißem Gesicht und Grinsemund, das ist Mikhail Usov. Mit viel Charme und Witz ließ er auf seinen am Anzug angebrachten Töpfen Pingpongbälle im Takt tanzen, einfach amüsant. Zhu Hui Ling von der Zhegzhou-Akrobatik-Truppe aus Henan, China, ließ mit Anmut und Grazie in ihrer Antipodenjonglage Teppiche und diverse andere Gegenstände in höchster künstlerischer Vollendung kreisen. Pinguin sieht eher wie ein schwäbischer Oberlehrer aus. Körpersprache gepaart mit verschiedenen Dialekten ergaben bei ihm urkomische Geschichten zum Schenkel klopfen. Mit einer gelungenen Mischung aus Höchstleistungs-Artistik auf dem Einrad und Comedy begeisterten die Farellos das Publikum. Die chic gekleidete Raumpflegerin entpuppt sich als wahres Kraftpaket, wenn sie mit Partner Ralf die erstklassige, tempogeladene Action-Show beginnt. Im Finale ließen sich nochmals alle Künstler feiern.

    Unter dem Motto „Alte Helden“ verwandelte sich das Varieté et cetera in Bochum in eine Art Filmstudio Hollywoods. Nach 33 Jahren trafen sich da Hausmeister Alfred Linke (Ronny Cabello) und der kanadische Komiker Paul Wildbaum wieder und schwärmten von den schönen alten Zeiten und ihren artistischen Größen. Sueellen Roccuzzo zeigte, was in ihrem Körper steckte, und schuf lebende Bilder in ihrer Kontorsionsdarbietung. Konstantin und Zwetlana vollführten mit ihrer Handstandäquilibristik und Rola Rola-Darbietung einen Tanz der Charaktere: mal züchtig, mal galant, mit einem Augenzwinkern und exellenter Höchstleistung. Komiker Wildbaum entführte die Zuschauer in die Zeit der Wildwestfilme und parodierte mit seinen Zuschauerassistenten Szenen im Saloon. Aber auch als kanadischer Wortgewitzter verstand er es, die Lacher auf seine Seite zu ziehen. Maja am Vertikaltuch schuf nicht nur Poesie hoch unter dem Zeltdach, sondern bezauberte mit ihren diversen Hängen und Fallern. Tomek verlieh seinen Bällen mit vielfältigen, jongliertechnischen Kunststücken die Schwerelosigkeit. Poetisch und anmutig, kraftvoll und spektakulär wurde es mit dem Duo Aerius am Fangstuhl. Ihre vielseitigen Fangtechniken begeisterten das Publikum. Glen Nicolodi, seines Zeichens Handstandakrobat, tänzelte mit den Händen treppauf und treppab, ob mit einer oder beiden machte ihm dabei wenig aus, und auch sein tierischer Partner kam auf zwei, manchmal auch auf vier Pfoten daher. Eine glänzende Darbietung sehr zur Freude der Zuschauer. Im Finale hieß es dann Abschied nehmen von den Artisten und der et cetera Band, die das Programm musikalisch umrahmte.

    „Vital“ ging es bei Roncalli´s Apollo Varieté in Düsseldorf zu. Zauberhaft bezaubernd mit niederländischem Charme präsentierte Philip Simon die Artisten. Ruslan an den Strapaten beeindruckte mit dynamischen Figuren und Schwüngen. Körperkunst im Stilleben voller Ästhetik war das Metier vom Duo Passion mit ihrer Hand-auf-Hand-Akrobatik. Schneller als das Auge es wahrnehmen konnte jonglierte Claudius Specht seine Keulen und Becher mit Eleganz und Stil, Pirouetten und Salti. Spektakuläre Faller und Hänge vollzog das Duo Mak am Trapez, dass einem der Atem stocken konnte. Vier geladene Kraftpakete, das sind die Pellegrini Brothers (Andrea, Natale, Erdeo Pelligrini & Oleg Anissimof). Mit einem Wechselspiel aus Leichtigkeit und kraftgeladener Athletik entstanden außergewöhnliche Körperfiguren. Bereits 1924 begann Konrad Thurano seine Artistenkarriere und trat schon damals im alten Apollo Varieté auf. Sein Sohn Johnjohn trat in die Fußstapfen des Vaters. Von Südafrika über Las Vegas bis Paris begeisterten Konrad und Johnjohn mit ihrem „Crazy Wire Act“ das Publikum. Seit nunmehr 80 Jahren steht der 95-jährige Artist auf der Bühne, davon 50 mit seinem Sohn. Auch im hohen Alter bringen ihn kraftvolle Stunts und witzige Comedy-Einlagen nicht aus der Fassung und versetzen das Publikum in atemlose Stille oder tosendes Gelächter. Konrad Thurano, der am Premierentag seinen Geburtstag feierte, gehört sicherlich zu den besonderen Menschen. Vitalität, Optimismus und Lebensfreude beweisen eindrucksvoll, wie lange Artisten aktiv und erfolgreich sein können: Ein Leben lang! Im Grande Finale feierte das Apollo den ältesten aktiven Artisten der Welt. Zu den Gratulanten zählte u. a. der Ministerpräsident des Landes NRW, und auch Bundespräsident Johannes Rau ließ es sich nicht nehmen, seine Glückwünsche zu übermitteln.

    „Magic Swing“: mit Stimme und Musik begeisterte der Varieté-Palast in Speyer seine Zuschauer. Nicole Melangé begleitete das Publikum mit einer perfekten Symbiose aus Gesang und Schauspiel durch die Produktion. Victoria und Sos Petrosian bezauberten in ihrer Quickchange-Illusion mit Tempo und Erotik. Hoch am Trapez sorgten Ellen Fiesta und Ingo für ein Luftspiel der besonderen Art, gepaart aus Körperkunst und Kautschuk. Das Schwungtrapez hatte sich Anthony ausgesucht, der mit eleganten Tricks und akrobatischen Raffinessen aufwartete. Ob Teller, Keulen oder Bälle: alles was Maria Eleky unter die Füße bekam, wurde in ihrer Antipoden-Darbietung meisterhaft jongliert. Das Ballett Rendezvous unterstützte die Artisten mit traumhaften Kostümen und exquisiten Tanzchoreografien. Bei Mr. Fred fragte sich mancher: Puppe oder echt? – bei seinem pantomimischen Spiel des schönen Scheins. Magic Gerard servierte Zauberkunststücke mit einem Augenzwinkern und hohem Flirtfaktor komödiantisch gut. Zum großen Finale geleitete dann das Varieté-Palast-Orchester alle Künstler – Applaus, bis der Vorhang fiel.

    Redaktion: Hartmut Höltgen-Calvero

    2004-06-15 | Nr. 43 | Weitere Artikel von: Hartmut Höltgen-Calvero





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