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    „Abgeschleppt - ein Männerschicksal“

    Oh Ostwestfalen! Was hast du uns da für einen Komödianten beschert! Er ist klein (naja, knapp über 1,65), kahl (nee, noch nicht total) und hat mit seiner Figur schier Ungeheuerliches in Richtung Waschbrettbauch vor (Men’s Health jedenfalls hat er schon abonniert...). Bernd Gieseking heißt er, der gelernte Zimmermann und lebenslängliche Seelen-Westfale mit Wohnsitzen in Köln und Kassel - die in den Kabarett-Himmel aufsteigende Granate. Gieseking, der Standup-Kabarettist mit zehn Jahren Bühnenerfahrung im Nacken und seinem nunmehr sechsten und taufrischen Solo-Programm in der Tasche, will es wissen. „Wo komme ich her, wo will ich hin, und wieviel darf ich dabei wiegen?“ - das sind die drei quälenden Fragen, die in dem 42jährigen gären; „Abgeschleppt - ein Männerschicksal“ heißt sein neues Solo.

    Eben noch in „Tammy, das Mädchen vom Hausboot“ verknallt, anschließend mühsam erwachsen geworden, sieht er sich damit konfrontiert, dass heute Blind Dates, Vibratoren und Chat-Bekanntschaften die Beziehungsszene dominieren. Sind wir nicht alle irgendwie zu klein, zu dick, zu old-fashioned für den neuen Markt der Eitel- und Öffentlichkeiten? Bernd kennt das. Bernd kommt vom Dorf, aber strebt nach einem Image „zwischen Bruce Willis und Danny de Vito“. Und gleich wird er sie also treffen, die tolle neue Frau, auf die er seit zwölf Beziehungen wartet. Die dreizehnte. Eine Internetbekanntschaft. Ist das endlich jene, mit der er alt werden kann? Die ihn auch noch als Pflegefall mit „sensiblem Channelhopping“ glücklich macht? Darf er der Weisheit seines ostwestfälischen Gurus „Konfusion“ vertrauen, die da lautet: „Mädchen, die sich von dir küssen lassen - da kannst du ruhig noch mehr probieren?“

    Gieseking lotst uns mit Standup, Entertainment und Nonsense-Gedichten, mit Kritischem und Groteskem durch den Alltag eines ewigen „78ers“: Da gehören Frauen, logo, heute nicht mehr an den Herd, sondern „ans Ceranfeld“; da schlagen wir uns mit Jogging, Kampfhunden, Telefonsex und Verona Feldbusch herum. Und müssen der Tatsache ins Auge blicken, dass es nicht der Löwe im Sprung sein wird, der den Abenteurer von heute erledigt, - sondern ein BSE-verseuchtes Kalb. Der Mann aus Minden-Kutenhausen versteht sein Geschäft, schließlich ist der Profi nach allen Seiten wasserdicht: Er schreibt und spielt für verschiedenste TV- und Hörfunksender, hat Hör- und Schauspiele gedichtet, Satire-Bücher geschrieben, moderiert für WDR und HR, macht dort Kabarettsendungen und hat Kinderlieder-CDs und Musicals produziert. Die Sehnsüchte und Frustrationen des deutschen Mannes im 21. Jahrhundert stets im Blick, nimmt der leidenschaftliche Motorrad-Freak nicht nur Zeitgeist, Moden und Macken aufs Korn, sondern sich immer selbst mit auf die Schippe. Dabei kann er sowohl beißend zynisch sein - „zu Hause bei uns gab es nur einen Mann - und das war meine Mutter“- oder, verträumt bis zum Herzschmerz, einer Schneeflocke beim freien Fall ins Verderben zusehen.

    Giesekings Kabarett - das ist viel prägnant-raue Männerstimme, Sprachwitz im Staccato, gelegentlich eine Reminiszenz aus dem Reich der Schlager von Freddy bis Adamo, gezielte Gestik zu schreiend komischen Wort-Stunts. Sein Regisseur heißt Werner Klein und hat u. a. mit Stefan Wald, Giebel + Priol und der Münchener Lach- und Schießgesellschaft gearbeitet. Giesekings Rezept lautet: Und wenn ich morgen auch mit dem Pürierstab ins Internet komme, so kann ich doch heute gelassen Hypochonder und Hysteriker zugleich sein und im Kampf gegen Urlaubsmücken und Exfrau mit Autan erfolgreich bestehen.

    Gieseking, der will es wissen: Von Helgoland über Köln, Würzburg, München bis in die Schweiz sind seine „Abgeschleppt“-Gastspiele bereits gebucht, und so wird der „einzige Nicht-Schwule von ganz Köln“ seinen Weg 2001 quer durch die Republik mit dem Traum von einer besseren Welt (mit leider denselben Menschen...) im Gepäck charmant und selbstironisch beschreiten - immer auf der Suche nach der Superfrau, die ihm zum Schicksal wird. Die Sterne stehen günstig, Gieseking!

                                                                                                                               Redaktion: Anne-Kathrin Stöber 
    (Journalistin/ Kolumnistin)

    Bernd Gieseking, geboren in Minden-Kutenhausen, lebt heute in Köln und Kassel und ist seit zehn Jahren Kabarettist und Autor, arbeitet für Hörfunk, TV und Theater. Jeweils im Dezember und Januar ist Gieseking außerdem mit „Ab dafür - der satirische Jahresrückblick“ zwischen Nordsee und Alpenrand unterwegs.

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    Martina Wisotzki
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    Fon: 0561-26955
    Fax: 0561-285265
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    2001-06-15 | Nr. 31 | Weitere Artikel von: Anne-Kathrin Stöber





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