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    Aktuelle Kritik: ANTIGONE

    -eine ungewöhnliche Inszenierunmg, traditionell und avantgardistisch zugleich-

    Zurück zu den Wurzeln,  und dennoch oder gerade deswegen so ungewohnt fast revolutionär neu, ist die originalgetreue Inszenierung des antiken Stoffes der  Antigone durch die dänische vielversprechenden junge Regisseurin Tine Madsen. Das Ensemble der Oldenburger Kulturetage hat ein Stück zustande gebracht, das in der Oldenburger Theatergeschichte sicherlich einen ganz festen Platz haben wird. Eine Soundperformance höchster Qualität. Gepaart mit den wohl gestalteten Tönen der eigens dafür von Violeta Dinescu komponierten Musik, gespielt vom rumänischen Trio Contrast mit Sorin Petruscu, Emil Sein und Doru Roman. Sechs Männer und vier Frauen, international zusammengestellt, ob Zufall oder Absicht, bilden das Ensemble. Heute könnte „polis“ mit „international“ übersetzt werden. Auf jeden Fall: das Resultat ist von allerhöchster Qualität. Was Tine Madsen auf die Beine gestellt hat, ist ein ungewöhnliches Theaterprojekt, eine Inszenierung, die sehens- hörens- und bedenkenswert ist. Außergewöhnliche und sicherlich unvergeßlich ist der Aufführungsort, das Trockendock einer seit 3 Jahren stillgelegten Schiffswerft in Oldenburg. Gespielt wird vor, unter und auf dem zuletzt angefangenen aber nie fertiggestellten Metalltorso eines Schiffes. So ähnlich muß sich  Sophokles das Stück im antiken Griechenland in irgendeinem Amphitheater vorgestellt haben. Akkustisch so klangsauber, daß jegliches elektronisches Verstärken überflüssig ist und das in einer 120 m langen und 22m breiten und 8 m tiefen grabartigen  Metall-Arena. Antigone (Ives-Yuri Garate) will ihren gefallenen Bruder Polyneikes gesetzeswidrig begraben. Kreon, von Burkhard Forstreuter überzeugend gespielt, der gnadenlose, robotergleich gestikulierende  zunächst gesetzestreue, uneinsichtige Herrscher Thebens, verurteilt sie daraufhin lebendig begraben zu werden. Haimon (Benjamin Kropp), Kreons Sohn versucht den Vater umzustimmen, weil er Antigone liebt. Der teetrinkende blinde Seher Teiresias (Grigori Kofman) prophezeit Kreon eine schreckliche Zukunft, wenn er bei seiner Entscheidung bleibt. Kreon nimmt sein Todesurteil zurück, aber Antigone hat sich inzwischen selbst gerichtet, Haimon tötet sich daraufhin aus Verzweiflung  und Kreons Frau Euridike (Riccardo Dostal) beendet ihr Leben aus Enttäuschung. Tine Madsen hat die 2500 Jahre alte Tragödie von Sophokles, kaum mit Abstrichen zum Original, in ein Ambiente des Jahres 2000 versetzt. Ein verlassenes Trockendock einer Werft, die nicht mehr existiert, ein Kran, der vor sich hinrostet, als Skelett, die ebenfalls verrosteten Relikte eines metallenden Schiffsrumpfes, der Hauptspielplatz des Geschehens und das ganze eingerahmt von einem brennenden Fackelkranz. Bleibt eine hervorragend, gelungene Mischung aus Tanztheater, Sound-Performance,  Klanginstallation und nicht zu unterschätzen, gut gespieltem Theater:- gespielt, gesungen, getanzt, geklagt, rezitiert und  geschrieen. Eine der sehenswertesten Inszenierungen der alten Tragödie.

     

    Redaktion: Klaus Groh

    2000-09-15 | Nr. 28 | Weitere Artikel von: Klaus Groh





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