Engagement jetzt
Die Tausenden Flüchtlinge, die sich jeden Tag und auch nachts wieder und wieder vor der Lageso anstellen, um dort „versorgt“ zu werden und dann doch wieder nur einen Zettel in die Hand gedrückt bekommen, auf dem ihr nächster Termin steht, an dem sie dann wieder warten werden auf den nächsten Zettel usw. – diese Menschen spielen ein Stück, über das man lachen könnte, wäre es nicht das reale Leben der Flüchtlinge. Wenn es nicht zum Weinen wäre, könnte man sagen: absurdes Theater, gute Inszenierung, funktioniert in Endlosschleife.
Das Leben – ein Rummelplatz?
Nicht nur die Menschen in Berlin haben sich in den letzten Monaten engagiert für Flüchtlinge, auch die Berliner Kulturszene ist aktiv geworden, bietet kostenlosen Eintritt für Geflüchtete, manchmal aber auch ein bisschen mehr. Das Deutsche Theater beispielsweise bietet Unterkunft und initiiert Projekte mit Geflüchteten. Die Spielstätte für zeitgenössisches Figurentheater Schaubude Berlin und das Theater Arbeit Duisburg (TAD) organisieren einen „Rummelplatz“ für Geflüchtete und Berliner. Ein Langzeitprojekt, das im Januar starten wird. Frage ist hier, welche Chancen das Figuren- und Objekttheater bietet, Geflüchteten die Teilhabe am gesellschaftlichen Gestalten zu ermöglichen. Die InitiatorInnen gehen davon aus, dass sich eigene Erfahrungen und Wünsche mit den Mitteln des Objekt-theaters jenseits sprachlicher Barrieren individuell ausdrücken lassen, dass Aspekte, die man nur schwer persönlich äußern kann oder will, auf das Objekt übertragen und somit erzählbar werden. In verschiedenen Workshops und bei Hausfesten soll das erlebbar werden. Die ersten Workshops starten vom 4. bis 15. Januar, erstes Hausfest ist am 16. Januar. Im März geht es weiter, weitere Termine sind für das laufende Jahr geplant.
Comedy und politische Kritik
Ende November fand im Mehringhoftheater eine weitere Veranstaltung von „Comedy und politische Kritik“ statt. Zentrale Fragen waren hier, ob in der anarchischen Verweigerung, sich an realpolitischen Prozessen zu beteiligen, die politische Sprengkraft von Kabarett und Comedy liege. Und was das im Umkehrschluss für die parlamentarische Demokratie bedeute. Darüber diskutierten HG. Butzko (Kabarettist), Arnulf Rating (Kabarettist), Till Reiners (Kabarettist und Slam-Poet) und Katja Kipping (MdB, Parteivorsitzende DIE LINKE) unter der Moderation von Britta Steffenhagen. Mehr dazu WebLink: Die Linke
Und sonst so?
Fatih macht es mit Gefühl!
Das neue Programm von Fatih Cevikkollu EMFATIH kommt mit Geist, Gefühl und Grenzer- fahrungen daher. Es ist eine Werbetour für eine verlorengegangene Eigenschaft: Mitgefühl – EMFATIH! Emfatih, fragt eine Frau in der ufa-fabrik – schreibt man das nicht mit „ph“. „Oh, wären Sie meine Texterin, wäre ich wohl schon pleite“ sagt Fatih, bedankt sich aber doch freundlich für die Anmerkung und grinst sich eins. Erstmal macht Fatih dann aber doch das, was er immer tut und so gut kann: er provoziert, verunsichert, gibt falsche Fährten vor. Und ist meist sehr, sehr kopfgesteuert. Aber wenn er erzählt, wie er sich gefühlt hat, als er mit seinen beiden Kindern an der Hand aus der Haustür trat und geradewegs in eine Pegida-Demonstration geriet und nicht wusste, was er seinen Kindern sagen sollte, als diese fragten, was die Leute denn da machen würden, da wird es dann doch plötzlich sehr gefühlsecht. In Fatihs neuem Programm geht es um Flüchtlinge, um Menschenrechte, aber auch wieder um seine Familie. Und zum Abschluss singt Fatih dann für uns, zum ersten Mal. Ein Lied von Astor Piazzolla über das Verrücktsein. Fatih kann singen und das mit viel Emfatih und wetten wir, er wird es von jetzt an öfter tun?
FIL und die Jungs mit Dutt
Im Mehringhofthteater stellt FIL sein neues Programm vor „Dawn of the dutt“. Er singt von den komischen jungen Männern, die jetzt Dutt tragen, und was eine echte Branden-burgerin, Jenny Treibel nämlich, sich so denkt, wenn sie diese Jungs in Berlin trifft. FIL wird immer älter und braucht Gedächtnisstützen, deshalb hat er sich ganzes Leben sicherheits-halber auf der Rückseite seiner Gitarre zusammen geklebt und kriegt so fast lückenlos alle Teile seiner Biografie zusammen. Und als erfahrener Mann weiß FIL auch, wie wir die unlieb- samen Touris endlich loswerden: Einfach die Pegida-Leute auf sie hetzen, bzw. diese Demos nutzen, sagen, guckt, die demonstrieren, weil hier echte Gefahr droht – Anschläge usw.-, also nichts wie weg hier. Wie immer sehr verschlungene Gedankenwege in FILs Kopf, aber eben auch einzigartige Lösungen.
Im Immigrantenstadl
„Euch zu unterhalten gibt Punkte auf unserem Karma-Konto“, ruft der Inder Sanjay Shihora seinem Publikum zu. Im Comedyclub „Kookaburra“ . Vor 13 Jahren gründete Shihora mit seiner Frau und Bühnenpartnerin Svenja das „Kookaburra“ – ein Vogel, der sein Revier vor allem mit lautem Gelächter verteidigt.
Der erste Gast des Abends, Dennis Schleussner, ist YoYo Artist, Sport – und Dice Stacker, Meister im Geschicklichkeitsspiel des Würfel- und Becherstapelns. Er verstrickt und entwirrt seine Yoyos in fabelhaftem Tempo und mit fröhlichem Körpereinsatz, wirbelt in durchgängig großer Spielfreude die Würfel hin und her und stapelt Plastikbecher zu Pyramiden. Er ist Weltmeister in dieser Disziplin und beherrscht sie in einem Maße, dass man die Frage, ob die Welt so etwas braucht, schnell vergisst.
Der „Tod“ erscheint in schwarzer Kutte, die Kapuze tief übers Gesicht gezogen. Mit piepsiger Stimme heißt er uns willkommen. Er sei auf Imagekampagne. Tod sein sei nicht so einfach, er fühle sich oft einsam, obwohl er jetzt sogar eine Praktikantin habe, die „Exitussi“. Und dann sagt er, man könne doch jetzt endlich mal den Berliner Flughafen aufmachen – genüssliches Schmatzen - der Brandschutz werde wirklich überbewertet in unserem Land. Zum Schluss weist er auf seine neuen Shows hin. Jedem, der keinen Flyer mitnehme, werde er persönlich einen vorbeibringen.
Zur Entspannung dann eine Zaubershow. Timothy Trust und seine Assistentin Diamond können nicht nur tanzen, Gedanken lesen, Kartentricks mit unsichtbaren Karten, und sich selbst dabei überhaupt nicht ernst nehmen, sie können auch „Großillusionen“: wie Diamond es schafft, auf der Bühne im Sekundentempo die Kleider zu wechseln, beschäftigt die Autorin dieser Zeilen heute noch.
Martina Brandl – eine Kanone
Heiliger Bimbam: ist das eine Frau. So viele Talente. Martina Brandl ist Komikerin, Sängerin und Bestsellerautorin und einfach eine Kanone. In ihrem neuen Programm "Irgendwas mit Sex" geht es auch um Sex, denn Sex sells, aber nicht nur. Im „Kookaburra“ blödelt sie sich erbarmungslos von Lied zu Lied, lässt das Publikum aber auch mal Gesellschaftskritik ohne Pointen aushalten. Wie sie den fünfundzwanzigjährigen Hipster, der ihr erzählt „Es passiert nichts, wenn du nicht rasiert bist“ auseinanderrappt und abserviert, ist für Frauen um die Fünfzig eine wahre Wohltat. Mit dem happyendlosen Märchen vom fleißigen „Hartz Vierchen und den sieben Minijobbern“ im „Angie Merkel Style“ gelesen, werden wir in die Winternacht entlassen. Eines haben Kabarett und Sex gemeinsam, hat Brandl am Anfang gesagt: Es macht mehr Spaß, wenn beide mitmachen. Haben wir und deshalb ist die Nacht jetzt auch nicht ganz so finster.
Timo Wopp rüttelt uns durch
Timo Wopp (Bild) ist grundehrlich, so dass es manchmal wirklich weh tut. In "Moral - eine Laune der Kultur" rüttelt Timo Wopp das Publikum der Wühlmäuse ordentlich durch. Wir wissen danach: über moralisch einwandfreies Verhalten gibt es schon längst keinen Konsens mehr. Und nicht „die da oben“ belügen uns ständig, am besten tun wir das schon selbst.
Heroes
Getanzt wird nicht. Vielleicht würde das Publikum ja gern, aber das passt nicht so recht zum Ambiente des TIPI am Kanzleramt. Schade eigentlich, denn was uns Sven Ratzke im exzentrischen engen, schrillen Outfit da an David-Bowie-Liedern singt, verlockt. Er nimmt uns mit auf eine Zeitreise, holt uns Bowie ganz dicht ran, singt nicht nur die Hits, aber so einiges aus dem Repertoire: Devil devil, space oddity, heroes – aber ganz anders vertont. Der Respekt vor Bowie wird deutlich, aber Ratzke ist Ratzke und macht daraus sein Eigenes – wie immer. Die Band ist perfekt, die Lichtshow, auch, wir reisen wie Alice im Wunderland durch die ganze Welt: Im Londoner Nebel öffnen sich geheime Türen, und plötzlich schälen wir belgische Kartoffeln auf einem Bott, landen in New York, spazieren auf ein Hoteldach, durch ein Wachsfigurenkabinett und sind dann ganz zum Schluss wieder in Berlin. Wo auch David Bowie eine Zeitlang mal zuhause war.
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