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    Bodo Bach im Neuen Theater Höchst

    „Herzlich Willkommen, schön, dass Sie da sind“, so empfängt Bodo Bach sein Publikum im Ausweichquartier des Neuen Theaters Höchst, dem Bildungs- und Kulturzentrum Bikuz. Die Fans im Saal lachen freundlich zurück und sind froher Erwartung, denn von diesem Zeitgenossen mit Schirmmütze und hessischer Schnodderschnauze sind sie ganz andere Töne gewöhnt. Das Warten auf seine hessische „Schnodderschnauze“ lohnt sich auch prompt, als der „Hang-up-Phone-Comedian“ verbal nachlegt: „Meine Damen und Herren, oder ihr alten Pappsäck – darf ich Du sagen?“ Dafür lieben ihn die durchaus altersgemischten Fans: Er provoziert, ohne vordergründig zu brüskieren, führt ahnungslose Zeitgenossen per Telefon in aller Öffentlichkeit aufs Glatteis. Das hat ihm, nicht nur im Hessenland, unzählige Fans beschert. „Da sind noch leere Stühle, da ruf ich doch mal jemanden an“, verkündet Robert Treutel alias Bodo Bach und greift zum Telefon.

    Der Radiomoderator Robert Treutel hat die Figur „Bodo Bach“ 1994 erfunden. Bodo Bach wurde zunächst durch Scherzanrufe bekannt, die der Radiosender FFH ausstrahlte. Zum Markenzeichen wurde der Einleitungssatz „Ich hätt da gern emal e Problem“, mit dem jedes seiner Telefonate begann. Treutels Konzept, das ihn erst im Radio, dann bei seinen Solobühnenshows überregional zum Erfolg führte, geht (meistens) auf. Bei seiner letzten Bühnenshow agierte der Comedian noch mit Einspielungen seiner Telefonaktionen. Bei der Bikuzer Premiere seines neuen Programms „4tel nach Bach“ attackiert Bach seine ahnungslosen Telefonpartner ohne Netz und doppelten Boden. Der Comedian ruft live, vor den Augen und Ohren seiner Zuschauer, einen Telefonteilnehmer im näheren Umkreis seines Spielorts an und produziert damit, wenn es gut läuft, eine echte Lachnummer für ihn und das Publikum.

    Der Beamte eines Höchster Polizeireviers zeigt wenig Bereitschaft, Bachs hanebüchener Aufforderung nachzukommen, ihm und seinen Kumpels „weil wir alle ein wenig zu viel getrunken haben“, zu verraten, „wo ihr denn heute Abend so steht“. Der unfreiwillige Mitspieler legt einfach auf. Bei einem anderen Revier wird der Anrufer dann recht schnell entlarvt, was die Beamten sogar mit einem Ständchen quittieren. Die Polizisten am Arbeitsplatz und das Publikum im Saal haben unüberhörbar ihren Spaß. Allerdings können die Beamten nicht im Bikuz vorbeischauen, schließlich sind sie im Dienst. Denn wer sich am Telefon auf Bachs Spiel einlässt, ist dazu eingeladen, an seinem Bühnenprogramm als Gratis-Gast teilzuhaben. Der Frankfurter Taxifahrer Ötzcan kommt gerne trotz Dienstzeit und bringt neben der von Bach georderten „Flasch Bier“ auch gleich zwei Kumpels mit. Weniger entgegenkommend reagiert ein Ehepaar Jäger auf Bachs Versuch, es telefonisch anzusprechen. Im zweiten Teil der Vorstellung erreicht Bach jedoch den Sohn des Hauses, der sich zwar nicht sichtlich, aber hörbar, freut, dass er Teil des öffentlichen Geschehens wird.

    Die Zeit zwischen den Anrufen vertreibt Bach sich und den Zuschauern mit gekonnten Stand-up-Nummern. Auch wenn Treutel mit seinem neuen Bühnenkonzept voller Spontanität riskiert, dass die Angerufenen im wahrsten Sinne des Wortes manchmal auf der langen Leitung stehen: Sein kurioses Spiel mit dem Kleinbürgertum sorgt für jede Menge Spannung und Entspannung der Zuhörerschaft. Insbesondere, als am Ende der Vorstellung ein äußerst wortreicher, wenn auch schwer verständlicher Pizzabäcker indischer Herkunft Bach und seine Zuschauer damit belohnt, die telefonisch beauftragte Lieferung mehrerer reichhaltig belegter Teigfladen ins Bikuz „frei Haus“ zu liefern. Ganz nach dem Geschmack des unersättlichen Publikums. Das ist Entertainment ohne Konserve!

    Eine schüchtern wirkende Frau, eine E-Gitarre, ein Stuhl und ein verdammt knapp sitzender Rock sowie ein aufreizendes Lied: Wie passt das zusammen? Claudia Brendler gelingt dieser Spagat im Gouvernantensitz mit scheuem Augenaufschlag. Und das ganz „Im Rausch der Sinne“, so der Programmtitel des Frankfurter Duos Queens of Spleens. Als Brendlers Bühnenpartnerin Connie Webs handytelefonierend ins musikalische Geschehen eingreift, bekommt der französische Altklassiker von Serge Gainsbourg und Jane Birkin eine ganz neue Bedeutung. „Je veux, je …“ intoniert das stimmgewaltige Vollweib zu Brendlers sanften Klängen und übersetzt dem Handypartner zugleich fast französisch wortgetreu, wie er die schmutzige Wäsche zu waschen hat, während sie auf der Bühne im Bikuz Höchst steht. Auch auf der Bühne sind die Rollen klar verteilt: „Ich bin die Queen, die hat die Spleens“, verkündet Webs und stellt damit von Anbeginn an klar, wer beim Duo die Hosen an hat. Claudia Brendler nimmt es gelassen bis humorvoll und pariert als Gitarristin der Extraklasse mit weitreichendem Repertoire, von Chansons über Samba, Blues und Country, um das Duo ins rechte Bühnenlicht zu rücken.

    So unterschiedlich die beiden Queens mit ihren Spleens auch sind, auf der Bühne ergänzen sich zwei Figuren, ein Rhythmus und der Spaß am Zusammenspiel. Da schmettert Webs „Oh, Happy Day“ mit voller Bluesstimme und hessischem Text und sieht sich selbst schon als Stimme der katholischen Kirche. Denn schließlich hat sie laut eigener Aussage durch den Kontakt mit ihrer Tante, der Ordensschwester, und anderen religiösen Familienmitgliedern die katholischen Sakrale im Blut. „Ist er nicht schön, der Vatikan“, ruft Webs ihrem in erster Linie weiblichen Publikum im Bikuz zu. „So viel Platz, ich würde erstmal ein paar Geschäftchen aufmachen, eine kleine Gelateria, eine kleine Condomeria – Waffelgeschäfte statt Waffengeschäfte!“ Und die Message für die katholischen Kirchenoberhäupter ist klar: „Gehet hinaus und werdet jünger!“

    Und Brendler, nach Webs die zweite Geige, äh Gitarre im Spiel, verrät mit Kleinmädchenstimme und Kindergitarre „Das Tier in mir ist hier“ und vereint sich doch schlussendlich mit ihrer Bühnenpartnerin in einer russischen Weise, bei der die rein körperlich gewichtigere Connie ihr aus dem Hintergrund kräftig in die Seiten greift. Frankfurter: Ihr als Publikum dürft gespannt sein auf weitere Sinneswandlungen des Frankfurter Musik-Comedy-Duos.

    Ihr ein- und ausdruckvolles Gesicht, ihr überzeugendes darstellerisches Können und ihre warmherzige Ausstrahlung werden dem Publikum und den Theaterkollegen in Erinnerung bleiben: Im Oktober 2006 starb die Schauspielerin und Kabarettistin Hildegard Nied nach schwerer Krankheit. Nach ihrer Schauspielausbildung in Hamburg und Engagements in Würzburg, St. Gallen und Bielefeld war Hilde seit 1986 Ensemblemitglied beim Frankfurter Theater Die Traumtänzer. Dort spielte sie unter anderem bei den Produktionen „Die vier von der Tanzstelle“, „Ring frei“, „Sink Big“ (Trottoir berichtete) und „Mit Frauen nix am Helm“ (Bild). Zudem stand sie im ehrwürdigen und altbekannten Kabarett-Theater Die Schmiere in „Wir können auch ohne …“ und „Achtung Möpse!“ auf der Bühne. Hildegard Nied wurde 51 Jahre alt. Ihr Tod hinterlässt eine weitere Lücke in der Frankfurter Kulturszene.

    Im Jahr 1994 gegründet, gehörte der Äppler Express zur freien Theaterszene Frankfurts wie der Äbbelwoi zum Bembel. 2007 hat sich die hoch-engagierte Improtheater-Truppe einen neuen Namen gegeben. Grund dafür war, dass der bisherige Name an hessisches Mundart-Theater erinnerte, was manchmal für Verwirrung sorgte. Zudem hat sich das Ensemble inzwischen vom lokalen Theatersport und den üblichen überregionalen Impro-Matches weiterentwickelt und neue Theaterformen wie Impro-Krimis, Museumstheater und Show-Elemente für sich entdeckt. Neue Ideen erfordern eine neue Bezeichnung. Die Feuertaufe mit Buffet und Überraschungsgästen vor ausverkauftem Haus in der Frankfurter Brotfabrik haben die Ensemblemitglieder jedenfalls bestanden. Mit von der Partie waren übrigens der experimentell geschulte Zauberer Kai Schmid und der Musiker Berthold Breig. Und nachdem der (zu diesem Zeitpunkt noch) Äppler Express seine ganz eigene Theater-Geschichte von den Anfängen an spielerisch auf die Bühne gebracht hatte, gelang es einem Zuschauer bei einem Ratespiel den neuen Namen des Ensembles zu enträtseln. Seine Spontanität bescherte dem Glücklichen eine Jahreskarte für das Ampere Theater. Denn dieser Name steht nunmehr weiterhin für Energie und Spannung der munteren Truppe. Und selbstverständlich wurde dann auch an diesem besonderen Premierenabend feierlich das neue Logo enthüllt, mit einer Sprudelflasche getauft und mit den Zuschauern und Überraschungsgästen darauf angestoßen.

    Viel Spaß auf und vor bundesdeutschen Kleinkunstbühnen wünscht

    Redaktion: Kiki Krebs

     

    2007-03-15 | Nr. 54 | Weitere Artikel von: Kiki Krebs





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