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    Cha-Cha-Cha

    Der Sommer an der Saar ist immer ein Festivalsommer. Comedy und Straßentheater machen die Plätze und Säle im Saarland, aber vor allem die der Landeshauptstadt Saarbrücken, zu Plattformen für zahlreiche bekannte und unbekannte Künstler. Begonnen hat die Saison mit der Reihe Comedy im Frühling. Im April waren hier Les Frites Foutues mit ihrem "Orchestre Clownesque" zu Gast.

    Doch die großen Ereignisse kommen noch. An der Sommerszene 99, die vom 29.7. bis 8.8. in Saarbrücken, Völklingen, Dillingen und Illingen stattfindet und internationales Straßentheater ins Saarland bringt, wird noch kräftig gearbeitet. Dafür stehen aber die Termine für die Perspectives 99, das 22. Festival des französischen Theaters und Chansons in Saarbrücken, endgültig fest. Sechs Tage und Nächte mit Theater, Tanz, Musik, Kabarett und Zirkus werden die Stadt in eine Schaubühne für die Kultur des Nachbarlandes verwandeln. Eröffnet werden die Perspectives am 18. Mai um 18 Uhr mit dem Cirque Baroque und der deutschen Erstaufführung von "Ningen", einem Stück, das in archaischen und modernen Bildern die Lebensgeschichte eines Mannes erzählt. Gleich viermal (vom 19.-23.5.) wird "L'oeil tatoué" von Judith Productions zu sehen sein, das  in Saarbrücken seine Uraufführung erfährt. Die angekündigte theatralische Partitur für Opernsänger, Tänzerin und Kontrabassist verspricht das ungewöhnliche Neuerleben eines alten Mythos zu werden. Baal, der an einen unwirtlichen Ort gebundene Gott, erlebt durch körperlichen Kontakt mit Menschen die Totalität der Natur. Bei "Suerte"  in der Inszenierung von Julien Bouffi sind die Zuschauer gleichzeitig die Geschworenen. Sie sitzen dabei in Zehnergruppen in verspiegelten Kabinen und sehen eine Gerichtsverhandlung, in der ein zum Tode verurteilter Mann als sein eigener Verteidiger auftritt. Eine alte Bekannte bei den Perspectives ist Karine Saporta. Die Diva des neuen französischen Tanzes ist bereits zum fünften Mal dabei und will ihr Publikum diesmal mit Tango, Rumba und Chachacha in das Reich lateinamerikanischer Legenden entführen. Am Ende wird das Publikum zum Mittanzen eingeladen und so die Grenze zwischen Kunst und Betrachter überwunden.    

    Neben den Festivals versprechen aber auch einige andere Projekte interessante Erlebnisse. Die Cristallerie Wadgassen, eine alten Fabrik, wird nur in den Sommermonaten zum Theater. Auch in diesem Jahr gibt es wieder zwei Premieren, jeweils unter der künstlerischen Leitung von Barbara Krabbe und Raimund Gensel . Am 1.Juli wird das Musical "Der Mann von La Mancha" mit Gensel in der Hauptrolle (Foto) aufgenommen, der Premierentermin für "Nächstes Jahr gleiche Zeit" von  Bernard Slade stand bei Redaktionsschluß noch nicht fest. Auskunft gibt es unter 06834-943424.    

    Der alte Goethe scheint in der freien Theaterszene an der Saar  wieder eine größere Rolle zu sehen (siehe auch Kritik). Das Dudweiler Statt-Theater hat am 15.5. die Premiere der leicht verfehlten  Komödie "Die Mitschuldigen" im Programm, die Goethe bereits mit 19 schrieb. Das Ziel der Inszenierung: so nah wie möglich am Original zu bleiben...mal abwarten.    

    Kultur für Kids wird in Saarbrücken ebenfalls groß geschrieben. Am 13. Juni um 15 Uhr hat im Theater Überzwerg "Es waren zwei Königskinder" von Wilfrid Grote in einer Inszenierung von Ingrid Hessedenz Uraufführung. Natürlich, wie immer bei den Überzwergen, eine Produktion für Leute ab 6 aber bis Ultimo. Das deutsch-französisch-sprachige Stück nimmt die uralte Sage vom Verstehen und Mißverstehen zwischen Menschen auf und versieht sie mit einem überraschenden Schluß. Auch ohne alle Worte zu verstehen, läßt sich der Handlung mühelos folgen. Weitere Termine: 17.-23. Juni.

    Mit gut gemischten Programmen warten die Kabarett-Tempel in Saarbrücken auf. Das Kabarett im Ostviertel hat am 28. Und 29 Mai Lioba Albus mit ihrem Programm "Wenn Männer zuviel liegen" zu Gast. Beantwortet werden die existentiellen Fragen des Lebens, so z.B.: "Wie kann einem Mann das Wasser bis zum Hals stehen, wenn er ständig liegt?" Das Theater Blauer Hirsch bietet im Mai mehrere Abende mit Alice Hoffmann alias Vanessa Backes an. Am 20.5. hat die Komödie "Lieber Zwei als Einen..."  von Tatortregisseur Martin Buchhorn (Saarländischer Rundfunk) Premiere.    

    Kritik: Faust im Viertel
    Steffen Gresch mit Ein-Personenstück im Theater im Viertel, Saarbrücken. Zuerst fällt das Bühnenbild auf. Rechts eine lebensgroße Pappfigur. Aber das weiß man am Anfang noch nicht, denn darüber hängt eine Jacke. Erst im Laufe der ersten von neun Szenen wird die Figur entkleidet und Meister Goethe wacht fortan höchstselbst über das weitere Geschehen. Durch den Raum gespannt ist eine Wäscheleine, eine Raum-Zeit-Diagonale, die immer wieder mit wechselnden Utensilien bestückt wird. Ein Foto aus der Vergangenheit oder eine Sonnenblume finden dort Platz als stumme Zeitansagen im Fortgang der Handlung.    

    Steffen Gresch der das Ein-Personenstück "Faust" geschrieben und inszeniert hat, spielt die Rolle des Protagonisten Pawel, der in Briefen einem Freund von seiner unglücklichen Liebe berichtet. Wera heißt die Angebetete, die, weil die Mutter die Wirkung der Prosa mehr fürchtete als das Feuer, sehr nüchtern erzogen wurde und einen anderen heiraten mußte. Erst durch Goethes Faust wird ihre Phantasie geweckt und damit auch die Liebe zu Pawel. Das alles erfährt der Zuschauer durch Pawel, der die Rolle des Briefeschreibers oft aufgibt und zum Erzähler wird, der die Mittel darstellender Kunst voll ausnutzt. Dann spielt er Dialoge zwischen Wera und ihrem Ehemann oder stellt eine Szene im Garten mit Obst nach, in der Wera von einer Apfelsine symbolisiert wird. Die Apfelsine nimmt Pawel später noch öfter zur Hand...! Viele komische Elemente führen zu Lachern, die gerne im Halse stecken bleiben. Das böse Ende kommt zwar überraschend, ist aber folgerichtig.     Faust:  "Ein Schauspiel nach der gleichnamigen Briefnovelle von Ivan Turgenjew sowie frei nach Goethe", so beschreibt Gresch sein Stück. Tatsächlich folgt Gresch nicht immer der Handlung der Vorlage, versucht aber mit Erfolg, ihren prosaischen Hintergrund zu erhalten. Die Inszenierung balanciert zwischen Annäherung und Abgrenzung, ein gelungener Versuch Literatur und Theater zu verbinden.



    Redaktion:
    Christian Bauer

     

    Termine:


    Saarbrücken, Theater im Viertel

    13. Und 23. Mai um 20 Uhr 30. Weitere Termine geplant.

     

    1999-06-15 | Nr. 23 | Weitere Artikel von: Christian Bauer





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