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    Eifeltürme und Gipfel der Lust

    Versuche, bekannten Filmstoffe auf der Bühne neues Leben einzuhauchen, sind im Theaterbetrieb schon seit über einem Jahrzehnt gängige Praxis. Gelegentlich versucht sich auch die Kleinkunst an großen Leinwand-Epen. Ein Pionier im rheinischen Raum war hier der unverwüstliche Walter Bockmeyer, der Mitte der 80er Jahre mit seiner Version der "Geierwally" Furore machte, wobei er auf damals unbekannte Nachwuchstalente wie Veronika Ferres und Dirk Bach zurückgriff, und später mit "Sissi - Beuteljahre einer Kaiserin" einen ähnlichen Erfolg landete. Seine aktuelle Produktion, die schräge Johanna-Spyri-Paraphrase "Das Heidi - auf dem Gipfel der Lust", läuft derzeit in der Filmdose und zollt unschwer erkennbar ebenfalls einem von uns allen geliebten Film- und Fernsehklassiker Tribut. Besonders waghalsig mutet der Versuch einer Gruppe um Gereon Nußbaum und Klaus Schweizer an, den Monumentalklassiker "Ben Hur" nach dem Roman von Lewis Wallace auf der Bühne wiederauferstehen zu lassen, zumal der personenintensive Stoff nicht weniger als 20 000 Akteure verlangt. Man darf gespannt sein, wie das 5-Personen-Ensemble dieses Problem ab April in der Comedia Colonia bewältigt. Ebenfalls durch eine Filmversion dürfte den meisten Kabarettfreunden "Indien" bekannt sein, eine Tragikomödie der beiden österreichischen Kabarettisten Josef Hader und Alfred Dorfer, die in bundesdeutschen Kinos seinerzeit in der österreichischen Originalfassung mit (gelegentlichen) Untertiteln präsentiert wurde. Ob sich Michael Koslar, Lars Hohlfeld und Tilmann Courth in ihrer szenischen Lesung, die im April im Stollwerck Premiere hat, auch des österreichischen Idioms bemächtigen werden oder eine rheinische Version kreieren? Last but not least ist in diesem Reigen noch Didi Jünemann zu erwähnen, der am 9. Mai im Klüngelpütz Wolfgang Neuss' Film "Wir Kellerkinder" als Ein-Personen-Stück auf die Bühne bringt und dabei zugleich ein Stück Kabarettgeschichte beleuchtet.

    Das neue Jahr, soviel wird hier sichtbar, wird offenbar ein für die Kleinkunstszene vielversprechendes. Besonders bemerkenswert: Die Kölner Kabarett-Szene expandiert weiter - selbst in Zeiten ökonomischer Krisen. Die Domstadt hat seit Januar eine neue Kleinkunstbühne, die sich den kühnen Namen Eifelturm gegeben hat. Zwar liegt dieses Theater mitnichten in einem Turm, sondern im Gewölbekeller eines denkmalgeschützten Jugendstilhauses an der Eifelstraße, aber vielleicht entwickelt sich diese Bühne ja einmal zu einem echten Leuchtturm innerhalb der Kölner Theaterszene. Den enthusiastischen Gründern Jan Bergrath und Michi Kleiber wäre dies zu gönnen. Zu den Schmankerln, mit denen das Haus derzeit aufwartet, zählt ein Programm mit dem Titel "Kult und Sühne", bei dem Kleiber selbst und Christopher Küppers einen Rundgang durch 100 Jahre Musikgeschichte unternehmen. Ansonsten wartet das Theater mit Künstlern aus der Kölner Szene wie Achim Kohnejung, Gabi Weiss, Peter Vollmer und Robert Griess auf.

    Vielversprechend sind auch die im Frühjahr 2004 gehäuft zu verzeichnenden Premieren bemerkenswerter Solokabarettisten: Michael Mittermeier präsentiert im Pantheon sein neues Programm "Paranoid", in dem er u. a. kritisch anfragt, ob die US-amerikanischen Behörden nicht zumindest das Jüngste Gericht als extraterritoriale Rechtsinstanz anerkennen sollten. Jürgen von der Lippes neues Programm "Alles, was ich liebe" - nach seiner eigenen Auskunft "so geheim, dass nicht mal ich selbst es kenne" - ist ab dem 11. Mai im Limelight zu sehen. Der treue Postbeamte Hans-Hermann Thielke tritt unter dem Motto "Jetzt rede ich" im Stollwerck auf. Bill Mockridge schließlich hat seinem geriatrischen Erfolgsprogramm "Leise rieselt der Kalk" eine Fortsetzung unter dem Titel "Ihr Zipperlein kommet" folgen lassen, die derzeit im Haus der Springmaus zu sehen ist. Ein Event, das man sich vormerken sollte, ist der auch in diesem Jahr Ende April stattfindende "Prix Pantheon". Ein Preisträger steht schon fest: Helge Schneider wurde von der Jury mit dem Sonderpreis "Reif und bekloppt" ausgezeichnet und wird dafür am 29. April im Rahmen einer Sondervorstellung gebührend gefeiert.

    Redaktion: Guido Bee

     

    Termine

    Bürgerhaus Stollwerck, Köln

    8.4., "Indien" - Michael Koslar u.a. 21.4., "Jetzt rede ich" - Hans-Hermann Thielke

    Comedia Colonia, Köln

    10.4., "Ben Hur" - Gereon Nußbaum, Klaus Schweizer

    Eifelturm, Köln

    18.4.,  "Kult und Sühne" - Michi Kleiber, Christopher Küppers

    Haus der Springmaus, Bonn

    3.-4.4., "Ihr Zipperlein kommet" - Bill Mockridge

    Klüngelpütz, Köln

    9.5., "Wir Kellerkinder" - Didi Jünemann

    Limelight, Köln

    1.5, "Alles, was ich liebe" - Jürgen von der Lippe

    Pantheon, Bonn

    10.4., "Paranoid" - Michael Mittermeier  27.-29.4., Prix Pantheon

     

    2004-03-15 | Nr. 42 | Weitere Artikel von: Guido Bee





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