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    Ein Maulwurf schleicht durch den Renitenz-Keller

    ... im Renitenztheater 

    artbild_350_der_MaulwurfWie jedes Jahr im Dezember gab es im Renitenztheater in Stuttgart die Premiere des neuen Hausprogramms, diesmal mit dem Titel: „Der Maulwurf – Wühlkommen in den Verhält-nissen“. Der Intendant Sebastian Weingarten beauftragte extra den Kabarettisten Rene Sydow und den Autor Daniel Hedfeld ein neues Stück für das Ensemble zu schreiben, ein abendfüllendes Programm, das Kabarett mit Theaterelementen verbindet. Und das Stück ist aktuell geworden und wirklich gelungen. Es übertrifft viele Texte und Programme der Vorjahre! Und nicht nur das. Auch das neu zusammen gestellte Ensemble steht für hervorragende schauspielerische Leistungen, unterstützt vom Kabarett-Regisseur Hans Holzbecher. Überraschend sind auch die guten, sehr professionell arrangierten Gesangsnummern; es hätten gerne noch mehr davon sein können. Frank Stöckle (Bild) , der als Musiker und Kabarettist artbild_210_Frank_stoecklean vielen namhaften Theatern gearbeitet hat, bietet mit seiner Gitarrenbegleitung die Basis für die dargebotenen Songs. Und seine Mitspielenden, Michelle Brubach, Jörg Pauly und Holger Güttersberger, glänzen mit starken Gesangsparts.

    Eine Premiere ist ja immer etwas Besonderes. Die Schau-spieler sind  nervöser als sonst, es schleichen sich kleine Unsicherheiten ein, die aber bestimmt nach einigen Auf- führungen komplett verschwunden sein werden.

    Und was passiert inhaltlich? Marc und Willi gehen in ihrem Kellerbüro ihrer Arbeit nach. Zusammen mit ihrer Chefin haben sie die Aufgabe, Meinungen in den Diskussionsforen im Internet zu löschen oder für die Zeitung zu übernehmen. Nur was überhaupt unpassend oder passend ist, darüber entsteht immer wieder ein Streit zwischen der Vorgesetzten Nadine, die ständig, wenn es grade spannend wird, wie in einer „Tür auf - Tür zu Komödie“ die Bühne betritt bzw. verlässt. Das macht sie verdächtig! Und sie stellt zum Schreck der beiden Kellerkinder auch noch einen neuen Mitarbeiter an, Dietrich. Und dieser sucht angeblich einen Maulwurf im Unternehmen, der ständig im Internet Kommentare schreibt und damit die Zeitung immer wieder bloßstellt. Die Paranoia wächst, weil dieser Maulwurf in den eigenen Reihen vermutet wird. Fragen über Fragen. Wird die ganze Redaktion überwacht? Welche Rolle spielt der Neue? Jeder verdächtigt jeden. Und immer, wenn es grade spannend wird, stürmt wieder die Chefin ins Büro und bestimmt, wo es inhaltlich langgeht. Viele aktuelle Anspielungen auf die Berliner Politik oder die Regionalprobleme verstärken den Unterhaltungs- faktor. Insgesamt eine sehr gelungne Aufführung, der man über zwei Monate nur viele Zuschauer wünschen kann.  


    ... im Travertinkeller
     

    artbild_300__Moebs_VeselyEin Kontrastprogramm dazu war der Auftritt von Bernd Möbs und Sergio Vesely mit ihrer literarisch-musikalischen Revue im Travertinkeller in Bad Cannstatt.

    Zwei Wahlschwaben von Köln am Rhein und aus Chile erzählen und singen von Römern, Alemannen, Latinos, Rheinländern, Orientalen östlich von Aalen und sonstigem Multikulti-Gebräu, das uns alles Mögliche mitbrachte; Wein, Tango, Pizza und noch viel mehr. Und neben den künstlerischen Leckerbissen gab es kleine Häppchen sowie Wein, genauer, “Das Beste aus 3 Jahrgängen“. Möbs macht die meistens Moderationen, fachkundig, witzig und unterhaltsam, Sergio spielt Gitarre und im Duo wird gesungen. Vom südamerikanischen Lied bis zum Kölner Karnevalsschlager steht alles auf dem Programm..

    Sergio hat schon zu seiner Haftzeit in Chile nach dem Putsch 1973 viele politische Lieder geschrieben, die man heute noch auf einem LP-Tripple Album erstehen kann. Er arbeitet auch als Künstler, ein Teil seiner Werke wurden parallel zum Mittelaltermarkt in einer Gemein- schaftsausstellung im Alten Rathaus in Esslingen ausgestellt. Dazu produzierte er Kinder-platten und CDs auf Deutsch, Sergio wohnt ja jetzt schon vierzig Jahre im Deutschland. Bernd Möbs ist für seine alternativen Führungen durch die Stuttgarter Altstadt und andere interessante Orte bekannt.

    Beide zusammen arbeiten bei ihren Auftritten mit viel Humor und scheuen sich nicht, wie schon angedeutet, Karnevalslieder vorzutragen, die Möbs aus seiner alten Heimat Köln mitgebracht hat. Und hier geht das Publikum begeistert mit! Die Texte der Kölner Gruppen sind wohl auch im Schwabenland ein bekanntes Kulturgut, ähnlich wie gut gemachte Schlager.

    Alles in allem ein gelungener Überraschungsabend.

    artbild_610_Moebs_Vesely


    ... und sonst noch 

    Und was ist sonst in Stuttgart und Umgebung kulturell alles in der Herbst-Winter-Saison passiert? Im Renitenz spielten viele namhafte Kabarettisten und Musiker wie Max Uthoff aus der „Anstalt“, die Vokalkünstler von Maybebop, Atze Schröder, Simone Solga wieder mit einem Kanzlerin-Programm, Wigald Boning, Robert Kreis, Frank Lüdecke, Christian Ehring, Tobias Mann, Matthias Richling und das bayrische Urgestein Helmut Schleich.

    Sigi Gall spielte ihr Programm wieder mal im Theaterhaus. An gleicher Stelle wie immer „Caveman“, wunderbare Hausprogramme wie „Frau Müller muss weg“, „Ziemlich beste Freunde“, „Tschick“, also Stücke, von denen es ja auch Filmversionen gibt. Außerdem traten Annette Heiter vom Stuttgarter Juristenkabarett und der Gesangsgruppe HoneyPie mit ihrem ersten Solo auf. Die Wortspiele im Titel wie „Justiz auf Rädern. Gerichte zum Mitnehmen“ lassen aufhorchen. Gauthier Dance brachte „Infinity Reloaded“ und Familie Flöz gastierte  wieder. In der Rosenau gab es einen Gemeinschaftsabend zum Jahresabschluss mit „2016 von hinten“ – Der Jahresrückblick aus der ROSENAU“ mit Christine Prayon, Pierre M. Krause, Özcan Cosar und Rolf Miller und Andi Kraus, der vom SWR Fernsehen aufgezeichnet wurde. Auch sonst bietet die Rosenau ein spannendes Programm mit neuen und etablierten Kleinkünstlern. Und wenn man über den Stuttgarter Tellerrand schaut, wird man in Esslingen bei den Galgenstricken fündig, die Inez Martinez, Reiner Kröhnert Jo Jung & Boogaloo neben dem Hausprogramm präsentiert haben und mit Schwung mit neuen und bekannten Gesichtern ins neue Jahr gehen.

    Redaktion: Bruno Schollenbruch


    Bildnachweis:
    Renitenztheater Fotos:Ferdinando Iannone
    2016-12-20 | Nr. 94 | Weitere Artikel von: Bruno Schollenbruch





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