Kleinkunst  Straßentheater  Kabarett  Variete  Circus
        Agenturen  Wettbewerbe  Comedy  Galas  Festivals

 
 
 
Suche im Trottoir

Kategorien Alle Jahrgänge

Ausschreibung,Wettbewerbe

Artikel - gewählte Ausgabe
Meist gelesen
Statistik
  • Kategorien: 66
  • Artikel: 3588
  • Titelstory

    [zurück]

    Eine jede Zeit hat ihre Gaukler

    Das Hansa-Theater – Hamburgs Perle 

    Im Hansa-Theater ist schon der erste Blick vor die Kulissen ein Spektakel für sich: Öffnet sich die Tür zum Saal, präsentiert sich dem Besucher ein atemberaubendes Ambiente mit prachtvollen Kronleuchtern, goldenen Zierranken, königlichem Tapetenmuster und vielen anderen schillernden Details. Beim Niederlassen wird dem Besucher schnell bewusst, dass auch die artbild_200_Kellner_SchalteBehandlung der werten Gäste eine ganz besondere ist. Die ovalen Tische vor den Sitzreihen und der charmante Kellnerknopf aus alten Zeiten lassen es schon erahnen – im Hansa-Theater kann sich der Zuschauer auch kulinarisch verwöhnen lassen. Wenn sich dann schließlich nach dem klassischen Theaterteller oder den maritimen Köstlichkeiten der Vorhang hebt, erlebt der Abend seinen Höhepunkt mit Varieté vom Feinsten, präsentiert von Kabarettisten der Extraklasse.

    artbild_610_Saal 

    Zeitloses Vergnügen

    Heute gehört das Hansa-Theater, das im Jahre 1894 als Varieté-Palast seine Pforten öffnete, wieder genauso zu Hamburg wie der Hafen, die Reeperbahn oder der Michel. Wieder, weil es eine Zeit gab, in der es für fast 10 Jahre still in dem Theater geworden war – am 31. Dezember 2001 berichtet das Hamburger Abendblatt: Eine jede Zeit hat ihre Gaukler. „Das gibt’s nur einmal, das kommt nie wieder“, ist die wehmütige, doch nicht hoffnungslose Erkennungsmelodie jener Muse, die seinerzeit von den Göttern keinen Namen abbekommen hat und deshalb „leicht“ genannt wird. Lilian Harvey hat Robert Gilberts Reime zu Richard Heymans Musik 1931 im Ufa-Film „Der Kongress tanzt“ gesungen. Das Genre nennt derlei gern unsterblich...Aber es ist auch etwas dran an solchen Dingen. Auch, wenn Institutionen sterben, wie jetzt das Hamburger Hansa-Theater. Tempi passati. Das Haus wird nicht abgerissen, sondern eingemottet. Nichts wird verkauft, das gesamte Inventar bleibt an seinem Platz. Vielleicht erweckt sie dereinst ein Prinz aus dem Dornröschenschlaf. Denn jede Zeit findet ihre Gaukler.“ – Das schrieb der Autor Helmut Söring in Hamburgs beliebtester und auflagenstärkster Tageszeitung zur Schließung des Musentempels, als in dem Traditionshaus nach 108 Spielzeiten mit 51.188 Vorstellungen – der vorerst letzte Vorhang fiel.

     

    Ein Blick zurück

    Doch beginnen wir von vorn. Als sich der Brauereibesitzer Paul Wilhelm Grell 1893 entschloss, den „Hansa-Concert-Saal“ zu kaufen, wusste er wahrscheinlich noch nicht, dass er ein Stück Geschichte schreiben würde. Doch Paul Wilhelm Grell hatte die richtige Nase und das richtige Händchen bei der Wahl seiner Künstler. Internationale Stars, wie die damals sogar von gekrönten Häuptern umschwärmten Tänzerinnen Cléo de Mérode, La Belle Otéro, oder Lola Montez verzauberten das Publikum um die Jahrhundertwende. In den 1920er Jahren geriet das Publikum außer Atem, wenn sie Josephine Baker, nur mit einem Bananenröckchen bekleidet, auf der Bühne des Hansa-Theater sahen. Die Liste der Künstler, die dem Haus die Ehre gaben oder ihre Karriere hier begannen, ist lang und beeindruckend. Berühmtheiten der damaligen Zeit wie Fritzi Massary und Asta Nielsen waren umjubelte Gäste und Hans Albers, der nur eine Straße weiter in der „Langen Reihe“ das Licht der Welt erblickte, begann hier seine Karriere. Die Gebrüder Wolf und Charly Wittong sorgten mit ihren Hamburger Liedern und Couplets für Stimmung und luden zum Mitsingen ein ebenso wie die Comedian Harmonists, deren frivole Lieder damals jeder kannte. Varietéstars wie der Entfesselungskünstler Houdini, der Hellseher Hanussen oder der Jongleur Enrico Rastelli versetzten das Publikum in Erstaunen. Zu den Publikumslieblingen, für die die Hamburger stundenlang Schlange standen, um Karten zu bekommen, gehörte Charlie Rivel, dessen „Akrobat schööön!“ zu einem geflügelten Wort wurde, ebenso wie der Schweizer Dr. Adrian Wettach – alias Grock – mit seinem „Nit möööglisch!“

     

    Erfolgs-Gene

    Kurt Grell, der Sohn von Paul Wilhelm, trat 1919 in das florierende Unternehmen ein und übernahm 1924 die Geschäfte. Doch im Juli 1943 wartete ein schwerer Schicksalsschlag auf ihn. Während schwerer Luftangriffe, die weite Teile Hamburgs in Schutt und Asche legten, erhielt auch das Hansa-Theater einen Volltreffer und wurde völlig zerstört. Offensichtlich hatte Kurt Grell jedoch das Erfolgs-Gen seines Vater geerbt, denn er ließ sich nicht entmutigen und baute aus den vormaligen Stallungen und Teilen des alten Foyers ein neues Theater mit 330 Plätzen. 1953 ließ Kurt Grell sein geliebtes Haus erneut umbauen – er machte das Hansa-Theater zu einer Showbühne mit integriertem Restaurant und 491 Plätzen. Seitdem wurde diese wunderbare Hamburgensie nicht mehr verändert und die Besucher erfreuen sich noch heute an dieser rotgoldenen Pracht. Wenn auch nicht mehr so groß wie vor dem Krieg - den vorzüglichen Ruf unter den Artisten hatte das Hansa behalten. Und so sah man hier wieder beste Artistik und große Namen. Charlie Rivel trat wieder hier auf, einer der populärsten Kabarettisten im Nachkriegs-Deutschland, „Der Mann mit der Pauke“ Wolfgang Neuss gab im Wirtschaftswunderdeutschland hier den Takt an, der Kinderstar Cornelia Froboess sang hier „Pack die Badehose ein“ und Caterina Valente, die seit Jahren mit der ganzen Familie, allen voran Mutter Maria, hier auf der Bühne stand, zeigte, welches Talent in ihr schlummerte.

     

    Wiedereröffnung

    Kurt Grell starb im Februar 1967, doch das Haus lebte weiter, da seine Frau Telse schon lange vorher gemeinsam mit ihm die Geschäfte geführt hatte und später mit ihrem Schwiegersohn Peter Baldermann eine tatkräftige Persönlichkeit an ihrer Seite hatte. Im Jahr 2001 kam dann trotz allen Engagements die Nachricht, die so viele Hamburger schockierte: Das Hansa-Theater wurde geschlossen. Aber: Helmut Söring vom Hamburger Abendblatt sollte Recht behalten: „Eine jede Zeit hat ihre Gaukler“. Die fanden sich im Januar 2009 und kamen aus dem anderen Hamburger Stadtteil, in dem das Milieu Tür an Tür mit hoher Kunst zu Hause ist. Thomas Collien und Ulrich Waller, die Leiter des St. Pauli Theaters, erweckten gemeinsam mit dem Hamburger Abendblatt das Hansa-Theater aus seinem sieben Jahre dauernden Schlaf und die Hamburger und ihre Gäste dankten es ihnen. ­Und eigentlich ist alles beim Alten geblieben: Die großen Stars zieht es immer noch ins Hansa, vielleicht auch, weil für viele dort ihre große Karriere begann. So ließen es sich die Magier Siegfried und Roy, die hier schon 1964 als damals noch völlig unbekannte junge Zauberer das Publikum in Erstaunen versetzten und später in Las Vegas eine Weltkarriere machten, nicht nehmen, bei der Premiere dabei zu sein. Die legendären Kessler-Zwillinge wurden mit Standing Ovations für ihren großartigen Auftritt vom Publikum gefeiert, der wunderbare Paul Kuhn und Lys Assia begeisterten das Publikum mit ihren Evergreens und im vergangenen Jahr bewies Bill Ramsey, dass der Jazz ihm immer noch im Blut liegt.


    Aktuelles Programm

    artbild_350_saschafrogAuch in diesem Jahr - der 8. Spielzeit 2015/2016 - wird wieder ein buntes Potpourri an Jongleuren, Magiern, Puppenspielern und anderen Artisten die Zuschauer verzaubern.
    Den Klassiker übernimmt Claudius Specht, indem er dem Publikum mit seiner blitzschnellen Jonglage-Nummer buchstäblich den Atem raubt. David Weiser hingegen entführt seine Zuschauer auf eine Reise in die Vergangenheit in Richtung Wilder Westen, wenn er sein Lasso durch den Saal wirbeln lässt. Die Artistin Anna de Carvalho (Bild) windet in einer akrobatischen Höchstleistung ihren Körper in zahlreichen Varianten um eine Stange und ebenfalls überaus gelenkig geht es bei Sacha The Frog (Bild) zu, wenn er seinen Körper in geradezu amphibischer Weise verbiegt und damit den Saal in größte Verblüffung versetzt. Daniel Monni reißt seine Zuschauer mit, artbild_350_CR_tummy_balancindem er auf Rollschuhen durch den Abend rast und humorvoll geht es bei Puppenspieler Alex zu, der mit seinem hölzernen Freund Barti das Publikum bestens unterhält. Hans Davis wiederum fasziniert mit seinem federleichten Spiel aus Licht und Schatten und ähnlich zauberhaft mutet schließlich der Auftritt von Magier Omar Pasha an, der an diesem ohnehin schon märchenhaften Abend an die berühmten 1001 Nächte erinnert…


    ... und am Ende sind es all diese Künstler, Mitwirkenden und Varieté-Liebhaber, die dafür sorgen, dass die Geschichte des Hansa-Theaters mit größter Leidenschaft immer weitergeschrieben wird.

    -----------------------------------------------------------------------------------------  

    Hansa Varieté Theater artbild_250_Hansa_Theater_A
    Steindamm 17
    20099 Hamburg

    Tel.(Büro): +49(0)40 - 4711 0 60
    Tickets: +49(0)40 - 4711 06 44

    Web: Hansa Variete Theater
    E-Mail: presse@st-pauli-theater.de 












    Bildnachweis:
    Theaterfotos:
    Oliver Fantitsch

    2015-06-30 | Nr. 87 |


    |Passende Links: . aktuelles Programm - Hansa Varieté Theater




    Copyright © 2008 Quibo e.K.
    Alle hier erwähnten Produkt- und Firmennamen sind Marken der jeweiligen Eigentümer. Trottoir-online ist ein Online-Magazin für Kleinkunst - redaktionell aufbereitete Themenbereiche: Variete, Kabarett, Circus, Comedy, Straßentheater mit Agentur-News und Terminen von Festivals, Premieren, Wettbewerben und Ausschreibungen, Workshops und Weiterbildung.