Im Renitenztheater spielte Bernd Kohlhepp „Hämmerle trifft Elvis“. Ständig springt er zwischen diesen beiden Hauptfiguren hin und her, manchmal ein bisschen zu perfekt. Immer wieder spielt er mit den Zuschauern, fragt nach den Wohnorten, und hat bei Antworten wie Bempflingen und Backnang gleich wieder eine Pointe auf Kosten der Zuschauer auf Lager. Ein wenig Schadenfreude kommt im Publikum auf, aber so hat schon Bergson die Ursache des Lachens philosophisch begründet. Gute Gags, exaktes Timing, erstaunliche schauspielerische Wandlungsfähigkeit – davon lebt sein abwechslungsreiches Programm.
Das Hausensemble hatte Premiere mit „Vögel! Eine Satire zwischen Himmel und Erde“ von Aristophanes, in der modernen kabarettistischen Bearbeitung von Christian Duda. Zwei Athener Aussteiger wollen an anderer Stelle den idealen, demokratischen Staat aufbauen, und das geht gründlich schief. Immer wieder ist das Stück mit aktuellen Anspielungen gespickt. Bald kontrollieren die Vögel den Luftraum, bald ist Wolkenkuckucksheim mächtiger als Athen, aber auch korrupter, das ist der Preis der neuen Macht. Das Ensemble, aus dem wieder Christine Prayon und Martin Theurer mit ihrem Spielwitz herausragen, hat unter der Regie von Christian A. G. Elkarim eine sehenswerte Vorstellung auf die Bühne gebracht, die zwischen Theater und Kabarett hin und her pendelt. Das dritte satirische Stück in Folge. Man kann gespannt sein, ob in den nächsten Jahren auch mal wieder ein politisches Nummernkabarett als Hausprogramm zu sehen sein wird.
Mit seinem neuen Programm „Verehrt, verfolgt, vergessen“ trat Robert Kreis auf. Perfektes Klavierspiel, gute Conférencen und eine fast wissenschaftlich zu nennende Suche nach Liedern der Zwanziger und Dreißiger Jahre zeichnen seine Programme aus. Kurt Gerron, Max Ehrlich, Willy Rosen und andere Künstler, die im KZ umkamen, wurden in diesem Programm gewürdigt. Auch Désirée Nick, die gerade die endgültige Antwort auf das „Eva-Prinzip“ veröffentlicht hat, war mit „Sturzgeburt einer Legende“ hier zu sehen.
Im Merlin trat Andreas Rebers auf mit seinem Mix aus Alltagskabarett und satirischen Songs zur Quetschkommode. Nach dem Salzburger Stier 2006 hat er nun auch den Deutschen Kleinkunstpreis 2007 in der Sparte Kabarett gewonnen. Seine Bühnenfigur im unauffälligen Anzug mit verrutschter Krawatte wünscht sich, reich und links zu sein. Genau beobachtet sie – fast wie ein Blockwart – was in der Nachbarschaft passiert.
Frauen mit einem Hang zum Alternativen sind ihm ein Gräuel. Reich geworden ist er durch eine Heirat, seine Bemerkungen über Frauen und Ausländer sind eher in der rechten Ecke zu verorten. Aber es ist kein Problem für das Publikum, seine Rollen von der Person Rebers zu unterscheiden. Im Programm „Nebenan und nebenbei“ sind neben der spielerischen Leistung seine musikalischen Fähigkeiten zu bewundern, gute Songs dynamisch vorgetragen.
Kleinkunstmäßig musikalisch ging es auch im Schauspielhaus zu: „Drei Engel für Dylan“.
Die Texte in Übersetzungen wurden vom Ensemble ausgesucht. Dylan wurde in den letzten vierzig Jahren ja mehrfach in die deutsche Sprache übertragen, Bekanntes und Unbekanntes wurden für dieses Projekt ausgeglichen gemischt.
Drei Frauen, drei Mundharmonikas, mehrstimmiger Gesang und ein Quotenmann an der Gitarre. Das ein oder andere Solo passte wie maßgeschneidert zu den Interpretinnen Findeis, Renneke und Windmüller. Mal sangen sie bluesig und ernst, mal witzig mit verstellten Stimmen ein Lied wie „Mighty Quinn“, einer der Höhepunkte des Abends. Gesungen wurde im Zuschauerraum, was einen engen Kontakt zum Publikum möglich machte. Nach einer kurzen Aufwärmzeit ging das Publikum begeistert mit. Ein Abend, der spielerisch, lyrisch und instrumental ein Erlebnis war.
Im Laboratorium wurden auf Deutsch die Songs einer anderen amerikanischen Ikone vorgetragen: Randy Newman. Manfred Maurenbrecher aus Berlin hat sich mit dem blinden österreichischen Sänger George Nussbaumer und wieder einmal mit Richard Wester zusammengetan. Nussbauer hat eine wunderbare Soulstimme, Webster ist ein Meister auf Saxofon, Klarinette und Querflöte; für dramatische Conférencen, Klavier und ebenfalls für Gesang ist Maurenbrecher zuständig. Websters Arrangements sind ausgefeilt, mal jazzig, mal lautmalerisch. Die Spielfreude ist den drei Protagonisten anzusehen. Was als kurzfristiges Projekt angedacht war, hat sich zu einem musikalischen Kleinkunst-Trio gemausert.
Im Theaterhaus läuft und läuft „Caveman“ mit Martin Luding, immer ausverkauft, genau wie sein „Männerabend“ mit Roland Baisch. Eine Neufassung von „Was heißt hier Liebe“ unter der Regie von G. Brombacher hatte Premiere, ein Stück, das in verschiedenen Fassungen seit gut 20 Jahren im Haus läuft. Um die Texte von Matthias Beltz wieder lebendig werden zu lassen, haben sich Heinrich Pachl, Gerd Knebel und Werner Kraehkamp zusammengetan. Der Titel erinnert an die zweibändige Gesamtausgabe: „Gut, Böse, Beltz“.
Ein besonderer Ort ist die Zaubermühle Merklingen. Die Gedankenleserin Tre Face und der Clown Frascatelli haben nach Jahren der Wanderschaft hier ihr Stammhaus eingerichtet. Die Einrichtung ist skurril im valentinischen Sinn, das Programm ist ein bunter Kleinkunststrauß für die ganze Familie. Hingehen und sich verzaubern lassen!
Das 6. Stuttgarter ChanSong Fest 2007 findet im März im Theaterhaus, Renitenztheater und Merlin statt, vom 20. bis 29. April gibt es ein großes Kabarettfestival, an dem alle Stuttgarter Kabarettveranstalter beteiligt sind.
Stuttgart:
Theaterhaus:
31.03.07 Schollenbruch & Beirer: „Summer in the Sixties“
21.04.07 Josef Hader: „Hader muss weg“
04.05.07 Jan Gabarek Group
Renitenz Theater:
01.–11.04.07 Dritte Deutsch-Türkische Kabarettwoche
12.–15.04.07 Reiner Kröhnert: „Angie goes Hollywood“
17.–18.04.07 Bodo Wartke, Musik-Kabarett
20.–29.04.07 15. Stuttgarter Kabarettfestival
Laboratorium:
27.04.07 Ingo Börchers: „Wissen auf Rädern“
28.04.07 Klaus Birk
25.05.07 Reiner Kröhnert
09.06.07 Buschtrommel
Esslingen: Dieselstraße
15.04.07 NeckarWerke, Improvisationstheater
17.04.07 Uli Keuler
11.05.07 Murat Topal
AdNr:1088
2007-03-15 | Nr. 54 |