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    Kritik: Eine Dame mit ganz frecher Zunge


    In der französischsprachigen Schweiz ist Marie-Thérèse Porchet Kult. Hinter dieser Kunstfigur steht der 41-jährige Italo-Schweizer Joseph Gorgoni. Als Mann in Frauenkleidern und mit Toupet nimmt Gorgoni seit Jahren die Eigenarten der Deutschschweizer ins Visier – manchmal bitterbös, manchmal ziemlich schlüpfrig, manchmal bedient er sich auch nur sattsam bekannter Klischees.

    Seit Kurzem muss Gorgoni, sprich Porchet, durch die Hölle, nämlich ein temporäres Leben im Feindesland führen, in der Deutschschweiz. „Uf Düütsch“ heißt das Programm, das Ende November im Casinotheater in Winterthur Premiere hatte. Als könnte sie kein Wässerchen trüben, steht die Hausfrau um die 50 im biederen Deux-Pièces auf der Bühne. Und muss erschreckt feststellen, dass niemand Französisch spricht. Eine Stimme aus dem Off zwingt sie, ihr Stück auf Deutsch zu spielen. Erst wenn sie die Sprache der „Eingeborenen“ spricht und die „Bourbines“ lieben gelernt hat, werden die Türen wieder entriegelt und Marie-Thérèse Porchet darf zurück in ihre Heimat.

    Nach einigem Sträuben und gefauchten „Ich hasse euch“ spuckt sie, als wären es Kröten, die ersten Bern-deutschen Worte aus. Sie erstickt fast an den ch-Lauten – schickt sich aber – je länger, je mehr – in ihr Schicksal. Natürlich nicht, ohne immer wieder neue Giftpfeile gegen das Publikum abzuschießen. Das ist indes überaus angetan vom phänomenalen Schauspieler Gorgoni, der zudem nicht minder begabt singt und tanzt. Man lässt sich gar nicht mal ungern beschimpfen. Und wenn Porchet dann vom Outing ihres Sohnes erfährt, ist das zum Brüllen komisch – schwul, das lässt sich für die vife Mama ja noch knapp verkraften. Aber dass er nach Zürich ziehen will, ist dann des Guten doch fast zu viel ...

    „Uf Düütsch“ ist ein überaus witziges Programm eines großen Travestiekünstlers, der eine größere Beachtung diesseits des Röschtigrabens verdient.

    Redaktion: Hans Bärtsch

    2008-03-15 | Nr. 58 | Weitere Artikel von: Hans Bärtsch





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