Im Friedrichsbau-Varieté konnten wir die Premiere des Magic-Duo Roy Gardner & James besuchen. Begleitet wurde sie vom Friedrichsbau Varieté Orchester unter der Leitung von Rainer Kunert, welches in seiner Seitenloge sehr präsent ist und vielbeschäftigt alle Aufgaben mit Bravour erledigte. Ganz das Gegenteil die Comedy-Magic-Show, denn was „Magic Roy“ soeben danebengegangen war, gelang wie zufällig seinem Assistenten James.
Die Show des Duos lebt von dieser Widersprüchlichkeit und war ein großer Erfolg.
Ausgeglichen dagegen das Können der Kharitonov Brothers aus der Ukraine: Während sie ihre beachtliche Partnerakrobatik ausführen, jonglieren sie mit traumhafter Sicherheit bis zu 7 Bälle – wohlgemerkt: jeder von beiden! - Als Höhepunkt dann der Sprachakrobat Marcus Jeroch. Sein Lebenslauf liest sich wie ein spannender Abenteuer-Roman: In Hamburg geboren, in Afrika herangewachsen und danach in Deutschland zur Schule gegangen. Ein Sprach- und Körperkünstler, der nach drei Semestern ernstem Jura lieberr den Beruf des Clowns, Jongleurs und Akrobats an der Etage in Berlin erlernte und schließlich Mitbegründer des Scheinbar-Varietés und des Rock-Zirkus Gosch wurde. Vor allem ist er aber ein genialer Interpret der Texte Friedhelm Kändlers, und genau dieser Marcus Jeroch ist wieder in Stuttgart! „Ein wenig schaut er aus wie ein dürrer Einstein, dem die Gedanken aus den Haaren stauben. Der Körper verschraubt in Schachtelsätzen, die Gliedmaßen in Rage, so tobt er mit Worten, grotesk und wild, als habe ihn die Muse einmal zu viel geküsst“, verheißt der Ankündigungstext. Natürlich hat er Kändlers „Freme Bekannte (ein Vortrag)“ wieder mit dabei, den Vortragstext, bei dem zunächst nur das „d“, schließlich aber fünf Buchstaben fehlen. Sonst aber, wenn ich mich nicht irre, lauter andere Gedichte und Texte, vor allem aber eine virtuose Jo-Jo-Jonglage! Einfach ein Glücksfall, dieser Marcus Jeroch, der dem ohnehin schon begeisternden Programm noch seinen ganz besonderen Stempel aufdrückt.
Topas indessen, der die Winter-Revue vor einem Jahr im Friedrichsbau moderierte, hat inzwischen Hasko Webers Inszenierung von Goethes „Faust I“ im Schauspielhaus des Staatstheaters Stuttgart magisch angereichert und wird bei „Faust II“, das sich in Vorbereitung befindet, ebenfalls wieder beratend mitwirken. Unter seinem bürgerlichen Namen Thomas Fröschle hielt er im Beiprogramm zu dieser Inszenierung einen kenntnisreichen Vortrag über „Magie und Zauberkunst“. Neben Religion und Wissenschaft ist das Theater für Topas der dritte Ort, an dem sich Magie ereignet. In seiner Zauberkunst, die er von Magie streng unterschieden haben will, sieht er ein Mittel, magische Phänomene, so es sie denn geben sollte, in Religion (Gospel-Magie in den USA oder diverse priesterliche Tricks schon in der Antike), Wissenschaft (bestimmte Befunde der Quantenphysik durch Zaubertricks verdeutlicht) oder auf dem Theater anschaulich zu machen. Dabei setzt die Zauberkunst, um die es Topas geht, nicht etwa auf Ablenkung, sondern sie lenkt die Aufmerksamkeit dahin, wo gerade nichts zu sehen ist, sodass der Zuschauer nach einem gelungenen Trick sagen kann: Obwohl ich ganz genau hingeschaut habe, habe ich nichts gesehen.
Für Michael Holderried in Backnang, der vor zweieinhalb Jahren das Deutsche Zauberzentrum mit zwei Theaterbühnen, dem Kalanag-Museum und einer Zauberschule ins Leben rief, ging vom 30.9. bis 2.10. ein Lebenstraum in Erfüllung: Er krönte seine bisherige Arbeit mit den 13. Magic Days, einem großen Zauberkongress mit zwei öffentlichen Gala-Vorstellungen auf der großen Bühne des Bürgerhauses, einem Zauberwettbewerb um den I.B.M.-Cup, zahlreichen, meist parallelen Seminaren in den eigenen Räumlichkeiten und im Bürgerhaus, einer Händlermesse und einem großen Floh- und Sammlermarkt. Ganz besonders erwähnen muss man die Zauberautomaten-Show von Dr. Helmut Wolf, die im Zaubertheater Pegasus stattfand und in dieser Form ziemlich einmalig gewesen sein dürfte, denn die kostbaren historischen Stücke sind im Laufe der Jahre sehr empfindlich geworden.
In der großen Varieté-Gala am 30.9. konnte die be- und ver-zaubernde Conférencière Sylvia Schuyer das Beste aus früheren Programmen des TraumZeit-Theaters präsentieren: Tempo-Jongleur Daniel Hochsteiner, Alexander Koplin mit Diabolo und Zigarrenkisten, Dany Daniel und Partnerin mit Rola-Rola und köstlicher Tanzparodie sowie Karel Bush mit Messer- und Glasbalancen. In diese Varieté-Highlights wurden die drei am Nachmittag frisch gekürten Zauber-Wettbewerbs-Preisträger eingebettet: Myster Yurgen, Cody und Hayashi. Am Samstag gab es dann eine von Dixon zaubernd und kalauernd moderierte Gala mit den internationalen Zauberkünstlern (in der Reihenfolge ihres Auftretens): Tel Smit aus den Niederlanden, Leeroy aus Großbritannien, Finn Jon aus Norwegen, Tommy Wonder aus den Niederlanden, die alle im nichtöffentlichen Teil auch Seminare für das Fachpublikum anboten, und Karel Bush mit seinen Bohemian Dancers aus der Tschechischen Republik, dessen spektakuläre Groß-Illusionen auf der großen Bühne des Bürgerhaus-Saales besonders gut zur Geltung kamen.
Redaktion: Manfred Hilsenbeck