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    Prix Pantheon: Erfolgreiche Nachwuchskünstler



    Sie heißen beide Sebastian. Der eine trägt Cordhose und Schlägermütze und bezaubert mit einem jungenhaften, umwerfend offenen Lächeln. Der andere trägt einen schwarzen Anzug und Krawatte, lächelt verschmitzt mit hochgezogenen Augenbrauen. – Zum 16. Mal hatten beim diesjährigen „German Spaß- und Satire-Open“ Prix Pantheon an zwei Wettkampfabenden 12 Künstler jeweils 20 Minuten Zeit, ihr Können vor zahlendem Publikum und einer Jury unter Beweis zu stellen.

     Kontor für Kunst und KulturDer Preis in der Kategorie „Frühreif und Verdorben“ (Jurypreis) ging an den 1979 in Bochum geborenen Poeten, Musiker und Wortakrobaten Sebastian 23 (Sebastian Rabsahl). Der Publikumspreis „Beklatscht und Ausgebuht“ wurde plebiszitär in geheimer Wahl ermittelt und ging an den 1976 im rheinischen Troisdorf geborenen Sebastian Pufpaff. Pufpaff ist seit 2008 auch im Trio Bundeskabarett in der Republik unterwegs. Bereits im Vorfeld war der Sonderpreis der Jury „Reif und Bekloppt“ vergeben worden, in diesem Jahr an den Kabarettisten Georg Schramm. Der Sieger in der Kategorie „Klotzen und Glotzen“ stand bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe von Trottoir noch nicht fest. Über den TV-Publikumspreis konnte das Publikum seit dem 16. Mai 2010 auf der Homepage des Westdeutschen Rundfunks (WDR) im Internet abstimmen.

    Sebastian 23, Deutscher Meister und Vize-Weltmeister im Poetry Slam, überzeugt durch seine leichte, lebensbejahende und dennoch nachdenklich machende Poesie. Seine Botschaft „Mach doch mal alles anders“ inszeniert er ansteckend positiv und zusammen mit dem Publikum, das gemeinsam den Refrain „Geh!“ intoniert zu Aufforderungen wie: „Ruf doch mal bei der Deutschen Bahn an und sag’, dass heute DU zu spät kommst!“ Sebastian Pufpaff fordert: „Wir müssen zu Helden werden, das ist wichtig“, redet sich gekonnt in Rage, geritten von Zwangneurose und Verfolgswahn: „Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, warum in dem Wort ‚lispeln‘ ein ‚s‘ steckt, oder im ‚Sterben‘ das ‚Erben‘ schon enthalten ist?“

    Als erste Künstlerin des Abends (die Reihenfolge der Auftritte wird durch Los bestimmt) gab Frieda Braun eine Hausfrau aus dem Sauerland, die versucht, die Anregungen einer Frauenzeitschrift für besseren Sex in der Ehe auch in ihrem Heimatdorf salonfähig zu machen. Die etwas in die Länge gezogene Idee, „mal vom Mann zu essen“, endet in einer Orgie aus Hausfrau im String-Tanga an Kraussalat mit Meerrettichhäubchen. Dann kamen die Finnen in Gestalt der Gruppe Nordkvark. Nordkvark sind Benjamin Höppner, Burkhard Niggemeier (Klavier) und Tim Porath, die als Hommage an die Brüder Kaurismäki mit Sonnenbrille und schwarzem Anzug die drei „liebeskranken Lappländer“ Mika, Aki und Maki auf der Bühne lebendig werden lassen. Mit einem zum Brüllen komischen Stoizismus, der aus einer Mischung aus Alkohol und Übermüdung resultiert, intonieren sie Songs wie „Mr. Bombastic“ von Shaggy in einem entfernt ans Finnische erinnernden, fast sinnfreien Denglisch. Zu zeigen, dass auch „Juristen Humor haben können“, hat sich Max Uthoff zur Aufgabe gemacht. Auftritt in Managerklamotten und Turnschuhen. Sein von parteipolitischen und tagesaktuellen Themen gespeistes Kabarett gipfelt in einer – allerdings etwas langatmig angelegten – Allegorie über die Parteien als „Organe des Politischen Körpers“. Die Absonderlichkeiten des Germanistikstudiums in Siegen haben David Werker, 24 Jahre jung und inzwischen regelmäßig Gast im Quatsch Comedy Club, in die Arme des Kabaretts getrieben. Neben vielen Klischees aus dem Studentenleben (Mensa, durchzechte Nächte, Klausuren) präsentiert er eine sehr gelungene Passage über die Generationenkluft in Sachen Medienkompetenz: „War deine Mutter schon im Internet? Nein!? Na ja, wenn sie erst mal skypen, sind sie schon aus dem Gröbsten raus!“ Einen fast altmodisch anmutenden, aber dankbar angenommenen Kontrast hierzu bildete Axel Pätz, der mit seinem „Tastenkabarett“ die Möglichkeiten auslotet, auf das Sympathisch-Sein zu verzichten. Ganz im Stil von Georg Kreisler begleitet er sich virtuos zu bitterbösen, schwarzen und nicht selten an die Grenzen des guten Geschmacks gehenden Texten auf dem Klavier. In „Geburtstrauma“ schildert Pätz zum Teil mit lautmalerischer Unterstützung die Mühen und Frustrationen des Geburtsvorgangs aus der Sicht des Kindes - wunderbar.

    Ruhiger, romantisch-melancholisch startete der zweite Abend mit dem Duo Das Geld liegt auf der Fensterbank, Marie (Wiebke Eymess, Friedolin Müller), dem man ein wenig mehr Zeit gegönnt hätte, um das Publikum vollends in seinen Bann zu schlagen. Die beiden lieben sich, das merkt man, doch so einfach können sie sich das nicht mehr sagen. Wenn sie zusammen ihren Song „Mitternachtsspaghetti“ singen („Ich bin ein armer Poet und sie der Regenschirm im Gebälk“), dann sagt Er nach der Hälfte plötzlich: „Ich mag nicht mehr, ich find’s kitschig“, und Sie: „Dann find ich ab sofort Sex blöd“, und dann singen sie ihr Lied gemeinsam zu Ende. Thomas Kreimeyer dagegen hatte kein Problem mit der 20-Minuten-Regel; er arbeitet immer so und hatte die Eieruhr gleich mitgebracht. Kreimeyer macht Stehgreif-Kabarett, indem er Menschen aus dem Publikum in Dialoge verwickelt. Dabei ist er ein wenig zu dominant, ein wenig zu aggressiv („Hätten Sie jetzt die Klappe gehalten, wär’s schöner gewesen“) und seine offensichtlich vorhandenen Talente kommen dabei ein wenig zu kurz. Klassische Stand-up-Comedy macht Markus Barth, wobei er seinem Motto „Alles muss mal raus“ mehr als gerecht wird. So stehen denn auch Gags über das Bau-Chaos in „Rheinisch Atlantis“ (Köln) unverbunden neben den Pressehighlights des vergangenen Jahres: „Teufelswinter“, Schweinegrippe, Missbrauchskandal. Und zum Schluss darf Denis aus dem Publikum die absurde Gebrauchsanleitung für ein Raumspray vorlesen. Irgendwie hat man das alles schon einmal gehört. Alexandra Gauger ist eigentlich Musiklehrerin. Ihre Kunstfigur „Fräulein Cäsar“ ist Sekretärin und kleidet ihre überdurchschnittlichen Pfunde in ein hautenges schwarz-weißes 50er-Jahre-Outfit. Mit der Stimmgabel in der Hand verkündet sie, wie wichtig es sei, sich „öffentlich zu enthemmen“. Also muss sich auch das Publikum erst einmal durch einige Atem- und Beckenlockerungsübungen einschwingen. Doch die peinlichen Mühen lohnen sich am Ende, wenn Fräulein Cäsar all ihren aufgestauten sexuellen Energien in einem atemberaubend komischen Duett von Montserrat Caballé und einem fiktiven Partner freien Lauf lässt. Ein echtes Talent, das das Bonner Publikum aber scheinbar an die Grenze seines Spaßverständnisses trieb. In direkter Konkurrenz mit Alexandra Gauger konnte die Cello Mafia zum Abschluss des Wettbewerbs nicht mehr wirklich überzeugen. Zu viele Italien-Klischees bildeten den Rahmen für die musikalisch sehr unterhaltsame Cello-Nummer mit einer Frau (blond) und vier Männern. Die Nummer wurde gekrönt von einem Magdalena-Tanz mit fliegenden Büstenhaltern.

    Die Jury war wie jedes Jahr mit den Schauspielerinnen Nina Hoger und Leslie Malton, Comedians, Moderatoren und Print-, TV- und Rundfunkjournalisten prominent besetzt.

     

    Sommer in der Stadt

    Es ist Sommer in der Südstadt, und das heißt in Köln: Das Atelier-Theater lädt wieder Flaneure und Kabarett-Fans ein zu seinem Saisonprogramm „Gratis – und nicht umsonst“. Bei freiem Eintritt können die Gäste im Café des Theaters in der Roonstraße 78 Newcomer der Comedy, des Stand-up, Impro-Theaters und anderer Spielarten der Kleinkunst sehen und hören. Petra und Erika Laste, Maria Vollmer, Christian Schiffer, Andrea Volk, das Impro-Theater 8 Richtige, Hildegart Scholten, Sebastian Pufpaff und Nicole Johannhanwahr treten vom 7. bis. 29. Juni jeweils montags bis donnerstags um 21.30 Uhr auf. Das Atelier-Theater war das Sprungbrett in den Ruhm für viele Kabarett-Talente, und so lohnt sich ein Spaziergang zu einem der „Gratis-nicht-umsonst“-Abende auf jeden Fall.

    „Stars von morgen“ präsentiert auch das Pantheon in Bonn im Rahmen der Kabarettbundesliga. Am 5. Juni spielt Serhat Dogan gegen Wolfgang Trepper. Türke zwischen Kebab und Käsekuchen trifft auf Ruhrgebietsmensch mit Leib und Seele. Dies ist die 9. und letzte Begegnung der 1. Deutschen Kabarettmeisterschaft. Schon ein Klassiker: Am 14.6. gibt es im Pantheon „4 Frauen auf einen Streich – Die Nacht der Komikerinnen Vol. 12“. Die unvergleichliche Gerburg Jahnke unterhält mit ihren Bühnengästen: Dat Rosi, Frieda Braun und Ruth Schiffer. Nachts im Museum doziert der Kölner Kabarettist Jürgen Becker über: „Der dritte Bildungsweg – Lernen durch Lachen“ (13.–15.6., Museum König, Adenauerallee 160, mit TV-Aufzeichnung).

    Redaktion: Anja Lademacher

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    Premieren-Termine

    Atelier-Theater, Köln

    10.9. „Supertussies“, Typen-Kabarett – Rena Schwarz

     

    Haus der Springmaus, Bonn

    09.–10.9. „Die Sündenberater“, Comedy – Anka Zink

    23.+27.9. „Weiber Reloaded“, Comedy-Musical – Regie: Bill Mockridge

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    2010-06-15 | Nr. 67 | Weitere Artikel von: Anja Lademacher





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