Alle vier Jahre schlägt die Fußball-WM eine Kerbe in die Freiluft-Aktivitäten Kassels und der Region. Wenn am 17. Juni Deutschlands Auftaktspiel gegen Mexiko angepfiffen wird, sind die Open-Air-Festivals entweder Geschichte - oder ihre Eröffnung wartet das Endspiel ab, wie der berühmte „Sommer im Park“ Vellmar. Das Kultur-zelt Wolfhagen gehört zur ersten Kategorie, zum 24. Mal schon findet es statt. Auch dieses Jahr beweist das Programm, dass die Kleinstadt am westlichen Rand des Landkreises Kassel viel mehr zu bieten hat als ihren zugegeben prächtigen mittelalterlichen Fachwerk-Ortskern. Im Sechs-Mast-Palastzelt in den Teichwiesen geben sich zwischen dem 6. und dem 16. Juni international renommierte Größen aus Comedy, Kabarett, Show und Musik die Ehre, genannt seien hier nur Torsten Sträter, Träger des Deutschen Kleinkunstpreises 2018, und der Puppen-spieler René Marik (FOTO) mit seinem charmant radebrechenden „Maulwurfn“.
Der Palais Hopp in Kassel, Nachfolger des „Starclub“, hat sich, um beim aktuell omnipräsenten Fußball-Jargon zu bedienen, „von der Doppelspitze verab- schiedet“. Ursprünglich hatten ihn Jörg Heckmann und Gerrit Bamberger (FOTO), als Bühnenfigur unter „Gerrit v. Bamberg“ bekannt, neu aus der Taufe gehoben. Jetzt ist Bamberger alleiniger „Coach“ - und zugleich „Stammspieler“, von dem zur Zeit gleich zwei Soli auf dem Programm stehen. Bleibt zu hoffen, dass ihn diese Doppelfunktion nicht kräftemäßig über- fordert. Bis jetzt läuft der Laden - Bamberger hat den Varietéanteil weiter reduziert, setzt verstärkt auf Synergie-effekte mit der bunten Kasseler Szene - wie am Schnürchen. Man wünscht ihm und der sympa- thischen Location einen langen Atem.
Die aktuelle Kritik
Ehe die Darstellungskunst der Schauspielerin Sabine Wackernagel (FOTO) zu würdigen ist, ein großes Kompliment an die Dramaturgin gleichen Namens. Wie sie aus Theodor Fontanes großem Berliner Gesellschaftsroman „Frau Jenny Treibel“ eine schillernde wie tiefgründige Charakterstudie gezaubert hat, das hat Format und muss sich vor den Qualitäten etwa von Peter Hacks‘ „Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe“ nicht verstecken. Wo Fontane die Ereignisse aus verschiedenen Sichtweisen vom Anfang an erzählt, hat Wackernagels Kommerzien-ratsgattin Jenny Treibel, geborene Bürstenbinder, die Geschehnisse, die sie in Schwung gebracht hatte, schon hinter sich. Hoch befriedigt berichtet sie von der angestrebten Mesalliance ihres Sohnes mit einem Mädchen aus dem mittellosen Bildungsbürgertum, deren Realisierung sie erfolgreich verhindert hat. Ein Gläschen Champag-ner darf zur Feier dieses Erfolges schon aufgetischt werden, für diese und andere Hand-reichungen steht ihr Friedrich zur Verfügung, (Valentin Jeker), ein uralter Diener, aus dessen Gesten und Zitaten gelegentlich ein Hauch von Subversion aufblitzt. Mit dem Alkohol steigt die Erinnerung an die Jugendzeit auf, an die erste Liebe zum Nachbarsohn Willibald Schmidt, wie sie aus kleinen Verhältnissen stammend, heute Gymnasialprofessor. Er hat ihr einst ein Gedicht gewidmet, in dem sich Waldesrauschen auf Blicke tauschen reimt, es endet mit dem Schillerschen „Wo sich Herz zum Herzen findet“. Jenny hat ihm damals den reichen Kommer-zienrat Treibel vorgezogen, aber das Gedicht zitiert sie bei jeder passenden und unpas-senden Gelegenheit. Denn: „Gold ist nur Chimäre.“ Daran scheint sie fest zu glauben, obwohl in Wirklichkeit, das zeigt ihr Handeln, für sie nur ins Gewicht fällt, was Zins trägt und Gewinn bringt.
Sabine Wackernagel gelingt das Kunststück, diesen eklatanten Widerspruch von Sein und Schein so fein und fern jeglicher Denunziatorik auszubalancieren, dass bis zum Schluss ein Geheimnis bleibt, ob ihre Figur sich ihres halsbrecherischen Balanceakts zwischen der Welt der Zahlen und der Welt des Geistes bewusst ist oder nicht. Auch in den hanebüchensten Argumentationsmäandern bleibt sie sympathisch, wirkt eher als Opfer bourgeoiser Machtan-sprüche als deren Zementiererin, die sie ja auch ist. Doch, sie hat in ihr Monodrama auch den Lustspielaspekt von Fontanes Roman hineingerettet. Ohne sich freilich, das wäre nahe- liegend, aber sehr schade gewesen, über die Protagonistin selbst lustig zu machen. Ein großartiges „Solo mit Diener“.
Redaktion: Verena Joos
Ahnatal, Rinklin Weidengarten
13.04. Wulli Wullschläger & Sonja Tonn „Zwei Stimmen, eine Gitarre“
26.04. Claudia Riemann „Hildegard Knef: ‘Ne Dame werd‘ ich nie“
Baunatal, Stadthalle
06.05. Willi Weitzel „Willis wilde Wege“
Eiterhagen, Wirtshaus zum Grünen See
13.04. Niko Formanek „Gleich, Schatz...“
09.06. Tomislav Schwebezov „Das Spiel lesen können!“
Eschwege, E-Werk
20.04. Frieda Braun „Sprechpause“
Gudensberg, Bürgerhaus
22.04. Bernd Gieseking „Gefühlte Dreißig“
Bad Hersfeld, Buchcafé
14.04. Tante Doctur „Musik, Medizin, Kabarett“
12.05. Patricia Moresco „Die Hölle des positiven Denkens“
Kassel, Komödie
17.04. Bastian Bielendorfer „“Papa ruft an“
02.05. Mirja Regensburg „Mädelsabend“
13.05. „Das Beste von Heinz Erhardt“
16.05. „Macho Man“
23.05. City Comedy Club
21.06. „Heinz Rühmann“
12.07. „Macho Man“
22.07. Kabarett Leipziger Pfeffermühle „Wir verschlafen das“
Kassel, Kongress Palais
27.05. Die Teddy Show „Ds passt alles in dein Birne“
Kassel, Palais Hopp
14.04. G. von Bamberg „Ahle Worscht tasting“
18.04. G. von Bamberg „Wissen macht achtzig!“
22.04. Archie Clapp „Spaßrutenlauf“
28.04. Anke Jansen „Hommage an Hildegard Knef“
16.05. Lilli „Ein Witz kommt selten allein“
19.05. Svea Held „Kurz & Blutig“
24.05. G. von Bamberg „Ahle Worscht tasting“
26.05. Willy Nachdenklich „1 lustiger Abend vong Humor her“
01.06. Lilli „Ein Witz kommt selten allein“
08.06. El Mago Masin „Operation Eselsohr“
Kassel, Staatstheater
20.05. Sabine Wackernagel spielt: Frau Jenny Treibel
21.05. Salut Salon „Klassisch verführt“
01.06. „Impro-Sport“
16.06. „Katzenjammer, Schwarze Katze, Weiße Katze“
Kassel, Theaterstübchen
16.04. Florian Brauer „News and Blech“
18.04. ImproKS „Der Impro-Krimi“
23.04. Franz Joseph Strohmeier „Der Kontrabass“
26.04. Anny Hartmann „NoLobby is perfect“
02.05. Brian O‘Gott „All you can sing Club“
16.05. ImproKS „Die Wonneshow für Liebende, Paare und liebende Paare“
27.05. ImproKS „Die Familienshow“
03.06. Jutta Gerling-Haist/Verena Plangger „Irgendwo auf der Welt“
12.06. Romana Reiff „Abendrot“
Korbach, Sparkassen-Freilichtbühne
29-05. Florian Schroeder „Ausnahmezustand“
Schwalmstadt, Gasthof Rockensüß
02.05 Heinz-Erhardt-Dinner mit Martin Lüker
Vellmar, Piazza
14.04. KuLTuS Night „Mix-Show“
18.04. Gernot Hassknecht „Jetzt wird‘s persönlich“
20.04. Lisa Catena „Grenzwertig“
21.04. Fee Badenius „Feederleicht“
04.05. Jess Jochimsen „Heute wegen gestern geschlossen“
05.05. Anna Mateur
Bad Wildungen, Wandelhalle
04.05. Philipp Scharrenberg „Germanistik ist heilbar“
Wolfhagen, Kulturladen
14.04. Lydie Auvray „Solo-Tour 2018“
04.05. Sissi Perlinger „Ich bleib dann mal jung“
Wolfhagen, Teichwiesen
06.06. - 16.06. Kulturzelt Wolfhagen
06.06. Max Mutzke & monoPunk
07.06. Olaf Schubert & seine Freunde - "Sexy forever"
08.06. René Marik - "ZeHage!"
09.06. Radio Doria - Jan Josef Liefers live mit Band
10.06. Maybebop - "Sistemfeler"
11.06. Torsten Sträter - "Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein"
12.06. Big Band der Bundeswehr feat. PeWerner - "Mit großem Besteck"
13.06. Stahlzeit - "Auf Reise - Tour 2018"
14.06. Anastacia - "Evolution Sommer Tour"
15.06. Max Giesinger - "Roulette Open Air 2018"
16.06. Wirtz - "Die fünfte Dimension - Tour 2018"
2018-04-14 | Nr. 99 | Weitere Artikel von: Verena Joos