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    Die Staatliche Artistenschule Berlin

    Am 1. September 1956 nahm die – bis heute einzige staatliche – Artistenschule ihren Lehrbetrieb auf, damals gegründet in Berlin als „Fachschule für Artistik“ durch das Ministerium für Kultur der DDR. Die Bewerber wurden nach der Beendigung der Grundschule aufgenommen und erhielten in einer vierjährigen Ausbildung, in die der Schulabschluss der „mittleren Reife“ einbezogen war, einen staatlich anerkannten Fachschulabschluss als Artist. Mit der Bildung des VEB Zentral-Zirkus (des späteren Staatszirkus der DDR) wurden die Absolventen – in der Regel Truppendarbietungen – dorthin vermittelt. Bis 1990 absolvierten über 100 Truppen-, Duo- und Solodarbietungen, die sowohl im Staatszirkus als auch als freiberufliche Artisten internationale Anerkennung fanden. Ehemalige Absolventen fanden den Weg zurück zu ihrer Schule und wurden dort als Ausbilder tätig, so u. a. Gerd Krija, der langjährige künstlerische Leiter. Die „Wende“ stellte die Schule vor existenzielle Probleme, da sich das Schulsystem änderte und der „Abnehmer“, der Staatszirkus der DDR, aufgelöst wurde. Dank der Initiative vieler Beteiligter wurde die Schule als erhaltenswert eingestuft und nach einem Schulversuch des Berliner Senats von 1992 bis 1995 in das Berliner Schulsystem integriert. Zusammen mit der Staatlichen Ballettschule wurde daraus die „Staatliche Ballettschule Berlin und Schule für Artistik“.

    Heute erwerben die Absolventen nach ihrer vierjährigen Ausbildung den Realschulabschluss und einen Abschluss als „Staatlich geprüfter Artist“.

    Die Schule hatte seit ihrer Gründung unter Raumproblemen zu leiden, mit der Zusammenführung am Standort der Ballettschule entstand auch eine neue Trainingshalle, die im September 2002 eingeweiht wurde. Derzeit wird die gesamte Schule grundlegend saniert, der Umbau wird bis Herbst 2010 andauern. Seit 2007 ist Ronald Wendorf künstlerischer Leiter der Fachrichtung Artistik. Er ist selbst Absolvent der Schule, mit der Haltestuhl-Darbietung Flyronas erhielt er beim „Festival Circuba“ 1989 einen 1. Preis und beim „Festival Mondial du Cirque“ 1990 in Paris eine Bronze-Medaille. Elf Jahre war er dann beim Kinder- und Jugendzirkus Cabuwazi als Trainer tätig und sammelte dort Erfahrungen in der Kinder- und Jugendarbeit. In einem vor einiger Zeit geführten Gespräch charakterisierte er als einen Aufgabenschwerpunkt die Stärkung der Außenwirkung der Fachrichtung Artistik, was in der Fachrichtung Ballett schon immer eine Selbstverständlichkeit war. Dazu gehört die Beteiligung an Festivals, aber auch die Herstellung von Kontakten zu anderen Schulen, wie sie jetzt bereits gut mit Kiew, Madrid und Stockholm funktionieren. Sehr wichtig ist für Wendorf auch die Mitarbeit in der FEDEC, der Vereinigung der europäischen Artistenschulen.

    Als besonderen Schwerpunkt setzt er die Angleichung der Arbeit an den internationalen Markt durch vielfältige Kontakte und Besuche von in- und ausländischen Varieté- und Zirkusprogrammen. Damit untrennbar verbunden ist eine kritischere Bewertung der eigenen Arbeit, die sich ja im Ergebnis der Darbietungen der Schüler niederschlägt. Es wurde damit begonnen, externe Fachleute an die Schule zu holen, die durch Gastverpflichtungen oder Workshops neue Impulse geben.

    Über Bewerbermangel kann die Fachrichtung Artistik nicht klagen, von rund 70 Bewerbern wurden bisher jährlich etwa 12 aufgenommen, wobei immer wieder festgestellt werden muss, dass es an einer körperlichen Vorbildung fehlt. Insofern sind Bewerber, die schon in Kinderzirkussen Grundkenntnisse erworben haben, im Vorteil. In der 9. Klasse erfolgt eine Basisausbildung in den akrobatischen Bereichen, in der 10. Klasse wird in einer Vorspezialisierung das gewünschte Genre ausgewählt und gleichzeitig der mittlere Schulabschluss abgelegt, in der 11. und 12. Klasse erfolgt die Ausbildung im Rahmen der Berufsfachschule. Neben der vierjährigen Ausbildung besteht auch die Möglichkeit, dass „Seiteneinsteiger“ mit Realschulabschluss die fachspezifische Ausbildung in zwei Jahren absolvieren können.

    Mit Beginn des Schuljahres 2009/2010 beginnt ein Modellversuch mit einer sportbetonten Artistenvorklasse ab dem 5. Schuljahr. Damit wird es möglich sein, eine 8- bzw. 9-jährige Ausbildung zu absolvieren. In diesem Projekt wird in der 5. und 6. Klasse eine artistische Vorbereitung mit integrierter Grundschule erfolgen, in der 7. bis 10. Klasse die Ausbildung mit integrierter Realschule, in der 11. bis 13. Klasse schließt sich die Berufsfachschule an oder kann die Stufe des beruflichen Gymnasiums mit dem Leistungskurs Artistik unter der Zielsetzung des Abiturabschlusses besucht werden. Einen Erfolg ihrer Arbeit konnte die Artistenschule auf dem jüngsten „Festival Mondial du Cirque de Demain“ in Paris 2009 verbuchen: Die Diabolo-Darbietung von Benno Jacob und Johannes Dudek, die in diesem Jahr absolvieren, erhielt den Spezialpreis der Jury.

    Waren es früher vor allem die Zirkusmanegen, so sind es heute vorwiegend die Bühnen der Varietés, auf denen die Absolventen der Berliner Artistenschule gern gesehene Gäste sind.

    Redaktion: Dietmar Winkler

    Gerd Mielke 

     AdNr:1054

     

    2009-06-15 | Nr. 63 | Weitere Artikel von: Dietmar Winkler





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