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    Vom Lampenfieber zur perfekten Bühnenpräsenz

    Bianca Harrison macht Künstler fit

    „Die schlimmsten 3 Minuten des Künstlerlebens sind die vor deinem Auftritt“, meinte einmal der Weltstar Placido Domingo. Aber nicht nur gegen Lampenfieber vor dem Auftritt ist ein Kraut gewachsen, sondern auch gegen Nervosität während des Auftritts. Rhetoriktrainer und in neuester Zeit auch individuelle Coaches geben einem ein kritisches und gleichzeitig hilfreiches Feedback, um einen Auftritt erfolgreich zu gestalten. Wir sprachen mit Bianca Harrison, die seit vielen Jahren Künstlerinnen und Künstler coacht.

    Trottoir: Bianca, du nennst dich Performance Coach. Was unterscheidet dein Coaching-Angebot für Künstler und Menschen, die etwas vortragen und überzeugen möchten, von einer technischen Ausbildung, wie sie im Schauspiel-, Gesangs- oder Rhetoriktraining üblich ist?

    Bianca Harrison: Neben eher handwerklichen Inhalten wie Mikrofonarbeit, Bühnenabläufen, Moderation, Erarbeitung von leichten Choreografien, richtiges Arbeiten mit dem Publikum etc., die in den gängigen Trainings sicher ebenso angeboten werden, ist mein Hauptfokus auf der ganz persönlichen Entwicklung, auf der Einzigartigkeit und damit Authentizität, die den Künstler (aus)strahlen und selbstbewusst werden lässt. Dieses gewisse Etwas, was wir als (Bühnen-)Präsenz eines Menschen wahrnehmen. Ich erlebe in meiner jahrelangen Arbeit mit vielen Künstlern, dass wir diese Kraft zwar in uns tragen, aber an dieses Potenzial aufgrund vieler Faktoren häufig nur begrenzt herankommen – Faktoren wie z. B. Vergleiche mit anderen, unsere eigene Bewertung von uns selbst, die vielleicht ungeprüften Kritiken von außen, unsere Erziehung etc. Viele dieser Dinge wirken auch bei professionellen, erfahrenen Künstlern ebenso ganz unbewusst, und sie schmälern unsere „Strahlkraft“ oder Ausstrahlung und blockieren das Wagnis, wirklich unseren eigenen Stil zu finden und auch zu „gehen“. Wie wir uns tatsächlich von anderen Künstlern auf der Bühne abheben, ist unsere Wahrhaftigkeit und unsere Präsenz, denn die ist immer einzigartig, ohne dabei überhaupt mit jemandem anderen in Konkurrenz zu stehen. Auf meinen Seminaren habe ich übrigens noch nie Gefühle von Konkurrenz o. ä. gesehen, sondern die Teilnehmer erleben eine einzigartige Kraft der Entfaltung in einer Gruppe „Gleichgesinnter“, und zwar in einer „geborgenen“, unterstützten Atmosphäre, in der man etwas wagen und Grenzen sprengen kann und ganz neu lernt, auf der Bühne – wo sollte es sonst sichtbarer oder fühlbarer sein – zu sich selbst zu stehen. Dies führt nicht selten zu wirklichen persönlichen Durchbrüchen – und DAS ist der Aspekt, der mich viel mehr fasziniert als alles Technische. Das kommt dann von ganz allein, wenn diese Basis stimmt (deshalb heißt mein Kurs I auch „Basics“) – aus dir selbst, ohne dass du es aufsetzen musst oder ich dem Performer sage, wie er es (besser) machen soll. Ich glaube übrigens grundsätzlich, wir begrenzen uns als Menschen in unseren Möglichkeiten noch so sehr, dass wir eigentlich meist nur einen Lichtschimmer dessen erhaschen, was wir wirklich sein könnten. Diejenigen, die diesen Lichtblitz einmal erlebt haben oder in sich erahnen, sind die, die zu mir kommen, um mehr davon zu haben, denn das macht „süchtig“. Ein ehemaliger Teilnehmer hat es mal so ausgedrückt: „Es ist so, als hätte mich jemand aufgeweckt!“

    Tr.: Wie gehst du in den Seminaren vor, damit Künstler ihren eigenen Stil finden?

    Bianca H.: Jeder Teilnehmer erhält in meinen Performance-Seminaren ein individuelles Einzel-Coaching für seine Bühnenpräsentation. Dabei ist die Gruppe mit ihrem konstruktiven Feedback extrem unterstützend. Die Künstler profitieren besonders davon, wenn sie selbst Feedback geben, von dem feinfühligem Hinschauen und Erkennen-Lernen, was denn dieses gewisse Extra ausmacht, was wirklich stimmig und authentisch rüberkommt usw. Dies schult sehr die Wahrnehmung, die auch für die eigene Kunst sehr wichtig ist. Dabei ist der erfahrene Profi im Kurs ebenso hilfreich mit seinem Feedback wie der eher Unerfahrene, weil dieser meist die Performance mit einem noch sehr ehrlichen, unverblümten Blick auf sich wirken lässt. Wir arbeiten aber nicht nur an der persönlichen Entwicklung und Bühnenpräsenz, sondern ich begebe mich als Coach auch auf die Suche nach dem ganz Eigenen, was denjenigen nicht nur aus sich heraus, sondern auch mit der Darbietung einzigartig macht. Daher ist es neben der vorhin erwähnten Basis auch wichtig, das Außen, in dem wir uns bewegen, also das „Business“ zu verstehen, die Regeln, wie ich den Zugang zum Außen und die gewünschte Wirkung, was wir auch Erfolg nennen, erreichen kann. Sehr unterstützend ist dabei übrigens auch unser gesamtes Profi-Team, z. B. unser PA-Techniker, der mit seiner Veranstaltungsfirma im Eventbereich seit vielen Jahren mit zum Teil sehr bekannten Künstlern zusammenarbeitet, und äußerst wertvolle Anregungen aus dem Profilager an die Teilnehmer weitergibt.

    Tr.: Als Special bietest du auch individuelle Intensiv-Trainings zusammen mit anderen Coaches an. Für wen sind diese Trainings geeignet?

    Bianca H.: Wir bieten ein ca. 10-wöchiges Business Intensiv Training an für Künstler, die nicht nur an ihrer Performance, sondern an ihrem gesamten Business und ihrer „Berufung“ arbeiten wollen. Auch hier ist es wieder nicht entscheidend, ob jemand bereits selbstständiger Künstler ist oder Amateur – es geht um das Erreichen und Erforschen unserer Visionen und unsere Effektivität, diese in die Wirklichkeit umzusetzen. Wie sieht das aus, was wir uns (beruflich) wünschen? Was steht uns im Weg? Wie können wir es überwinden? Es handelt sich um ein Trainingskonzept, in dem wir die exklusiven Inhalte aus Trainingsprogrammen für Führungskräfte speziell auf Künstler und Musiker zugeschnitten haben, was in der Branche wohl bisher einzigartig ist. Die Gruppe ist auch hier wieder sehr unterstützend in ihrer Funktion und begleitet den Künstler nicht nur an den drei Intensiv-Wochenenden, sondern auch in der Zeit dazwischen und danach. Ich leite das Training gemeinsam mit einem Business-Coach-Kollegen, der große Wirtschaftsunternehmen und Manager aus der Industriebranche berät. Außerdem ist eine bekannte Referentin aus der Musikbranche dabei, um die rechtlichen Spezialthemen zu klären, sowie ein gesamtes Outdoor-Trainingsteam auf einem Spezialaußengelände. Dort sollen die Teilnehmer zum Abschluss des Trainings Themen wie Teamarbeit, Risiken eingehen, Zielerreichung etc. auch körperlich noch einmal integrieren. In jedem Fall ein sehr spannendes Training, welches das (Arbeits-)Leben eines Künstlers extrem emporheben und verändern kann.

    Tr.: Gehört es zu deiner Maxime, auch Grenzen zu setzen, um Überforderungen und Enttäuschungen zu vermeiden?

    Bianca H.: Natürlich gibt es auch Teilnehmer, die mit Themen wie Bühnenangst und Lampenfieber-Überwindung zu mir kommen. Ich sehe es eher als meine Aufgabe an, Menschen wieder ein Stück zu sich selbst zu führen und sie auch in ihren Ängsten ernst zu nehmen, anstatt ihnen meine Vorstellungen von Grenzen „aufzudrücken“. Ich traue es Menschen absolut zu, ihre eigenen Grenzen gut zu erkennen, und die nehme ich genauso ernst wie die Grenzen, die sie überschreiten möchten. Genau diese Grenzen gut zu erspüren und zu entscheiden, ob ich den Teilnehmer entweder fordere oder ihn genauso sein lasse bzw. ihm helfe, sich anzunehmen, wie er ist, gehört zu den Aufgaben eines guten Coaches.

    Tr.: Wo und wann finden deine nächsten Workshops statt?

    Bianca H.: Meine Kurse finden in der Regel einige Male im Jahr statt – mehr oder weniger auf Anfrage. Genaue Termine findet man natürlich immer auf der Webseite www.bianca-harrison.com. Der nächste Performance-Kurs findet am 19./20. Juli 2008 statt, und es sind derzeit noch Plätze frei. Das besagte Künstlertraining ist für Frühjahr 2009 geplant. Da ich sehr individuell arbeite und meine Kurse zwar eine Marktlücke berühren, jedoch nur einen bestimmten Personenkreis betreffen, hat es sich bewährt, bei ausreichender Nachfrage und aktuellem Interesse die Kurstermine zu setzen. Für meine Gesangsschüler bedeutet die Teilnahme meist ein großes Anschieben ihrer Entwicklung und „Befruchten“ des Einzelunterrichts, und ganz neue Künstler nehmen zum Teil auch danach Einzel-Coaching in Performance, Gesang, Sprechstimme, Business Consulting. Und manche kommen zu einer einmaligen Inspiration und Anregung ihres Weges. Viele meiner Teilnehmer belegen Kurse mehrmals, da jeder Workshop immer wieder anders ist aufgrund der Einzigartigkeit der teilnehmenden Künstler, und weil der Entwicklungsstand des „Wiederholers“ immer wieder neu ist. Außerdem bauen die verschiedenen Kurse inhaltlich aufeinander auf oder greifen ineinander über und passen also alle zueinander. So bekommen die Teilnehmer verschiedene, wertvolle Bausteine angeboten für ihre Entwicklung. Und das war immer mein Wunsch: Künstler in diversen Richtungen auf ihrem Weg zu unterstützen und sie dorthin zu begleiten, wo sie in ihrem vollen Potenzial erblühen können.

    2008-06-15 | Nr. 59 |





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