"Hamburch 5781,5 Km" besagt das Schild irgendwo in Absurdistan. Mannen der Bundeswehr zelten dort im Einsatz gegen den Terror, "im Auftrag des Herrn - Schröder oder auch Stoiber." Denn ob in Kosovo, Afrika, Brasiliens Regenwald (oder Irak?): "Uns Deutsche braucht man jetzt nicht mehr um Hilfe zu bitten. Wir helfen jetzt auch ganz unaufgefordert." Was dabei so alles abgeht, demonstrieren im eigenen Lustspielhaus Jan Peter Petersen und Nils Loenicker alias Alma Hoppe: Im verbalen und szenischen Sturm attackiert das Power-Gespann oft treffsicher und granatenkomisch die Richtlinien der Bundeswehr... [weiter lesen]
Freche Sprüche und gefühlvolle Songs sind ihr Markenzeichen. An diese bewährten Zutaten halten sich Bo Doerek alias Alexandra Doerk und Hubertus Borck auch im neuen Programm "2 Zicken im ¾ Takt" - und verbinden sie mit einer Nabelschau. "Eben stand man noch in der Raucherecke der Schule, dann blinzelt man, und dann ist man 30": Das verunsicherte Lebensgefühl der Anfang-Dreißiger, die immer noch ohne Anhang sind, nehmen die beiden Hamburger, die einst gemeinsam aufs Gymnasium gingen, ins Visier. Bei der Premiere im Schmidt-Theater zeigten Doerk und Borck punktgenau die arrivierte Klassenkamerad... [weiter lesen]
Und noch ’n Könner am Klavier: Bodo Wartke, mit 29 Lenzen auch schon seit zehn Jahren im Geschäft und vielfach preisgekrönt, hatte bei der Premiere seines dritten Programms „Noah war ein Archetyp“ im ausverkauften Alma Hoppes Lustspielhaus sein Fan-Publikum ebenfalls sogleich im Griff. Äußerlich ist er ein Schwiegermuttertraum – doch wer Wartke kennt, weiß, dass der adrette Schein trügt: Gelassen und fast beiläufig entkommen dem Mundwerk des Reim-Virtuosen absurde Alltagsbeobachtungen und geniale Spitzfindigkeiten. Dabei ist der Ex-Hamburger und Wahl-Berliner auch noch ... [weiter lesen]
Mit nicht ganz 40 Jahren nahm sich Aglaja Veteranyi 2002 in Zürich das Leben. Die Autorin, Zirkustochter aus Rumänien, die sich das Schreiben und Lesen selbst beibrachte, fand auf der Welt ihren Platz nicht. Aus Veteranyis autobiografischem Text „Warum das Kind in der Polenta kocht“ schuf die Mimin Gilla Cremer zum 20-jährigen Bestehen ihres Gastspiel-Theaters Unikate ein berührendes Bühnen-Solo (Regie: Nik Günther) – Premiere war im 2003 gegründeten Off-Theater Hamburger Sprechwerk. Mit einfachsten Mitteln und feinfühliger Schauspielkunst vermittelt Cremer den Weg des Artist... [weiter lesen]
Streichertöne oder Techno, Klassik oder Rock? Egal, Jan-Christoph Scheibe kennt sich überall bestens aus und erteilt deshalb „Aufklärungsunterricht über Musik“. Zur Freude seiner Schüler, die bei der Premiere der Lektion „Heiße Scheibe“ zahlreich ins Imperial-Theater an der Reeperbahn geströmt waren und immer wieder lauthals jubilierten. Vor einer Wand aus Goldenen Schallplatten zog der Hamburger Kantorensohn (Musical „Titanixen – Töchter des Watts“, 2008) im blauen Nadelstreifenanzug mit dezent diabolischem Charme sein witzig-virtuoses Solo nach Noten... [weiter lesen]
„Warum sollen die Palästinenser dafür büßen, was uns die Deutschen angetan haben?“: In seinem 11. Soloprogramm „Die Reise nach Jerusalem“ schont Matthias Deutschmann auch die israelische Seite nicht – für einen deutschen Kabarettisten immer noch ein eher seltenes Unterfangen. Bis zum Ziel seiner Fahrt, dem Nahostkonflikt, verteilt das Freiburger Szene-Urgestein noch Rundumschläge gegen die Klimapolitik, das Kabarett an sich („Es geht um nichts mehr. Aber es ist Kohle da, und die wollen wir abräumen“), Günther Oettinger, die RAF und alte Nazis („S... [weiter lesen]
Wer war noch mal Karl Moor? Der aus dem Musikantenstadl? Natürlich nicht: An den „Guten“ aus den „Räubern“ und vor allem dessen vor 250 Jahren geborenen geistigen Vater erinnern vier Top-Kabarettisten im Rahmen eines launig-genialischen, musikalisch-theatralischen Herrenabends: Kristian Bader, Michael Ehnert, Jan Christoph Scheibe und – als Gast aus Köln – Hilmi Sözer bringen in zweieinhalb Stunden Ehnerts „Schillers sämtliche Werke ... leicht gekürzt“ derart stupend auf die Bühne des Altonaer Theaters, dass vom „schlappen Kastratenjahrhund... [weiter lesen]
Nach 18 Jahren Dienst hat Hamburgs beliebtester Polizist die alte grüne Uniform weggehängt und sich beigen Breitcordlook plus gelben Helm zugelegt: Der pingelige Dirk Bielefeldt alias Herr Holm agiert in seiner typisch norddeutsch-prolligen (Körper-) Sprache jetzt als Bauarbeiter. „Die Holms – Nach fest kommt ab“ heißt das Programm, in dem der gelernte Schauspieler Bielefeldt erstmals ein Ensemble (Mario Ramos, Arnd Heuwinkel, Ishel Eichler), eine feste Dramaturgie und fertige Dialoge auf die Bühne bringt. Und so machen diese „Holms“ denn auch ordentlich Theater: ... [weiter lesen]
Für ihr Jubiläumsprogramm „10 Jahre LaLeLu“ wurden sie in der ganzen Republik bejubelt. Nun feierten sie mit „Nimm mich – Die Hochzeitsshow“ in Alma Hoppes Lustspielhaus eine gelungene Premiere. Die Jungs und das Mädel von LaLeLu haben’s eben drauf. Die besonderen Qualitäten der Hamburger A-cappella-Gruppe berücksichtigte Mitglied Sören Sieg, als er mit Eigenkompositionen und frechen Neuinterpretationen zwischen Klassik und Reggae die wohl erste Oper dieser Art schrieb: Ohne Bühnenbild und selbstredend ohne Orchester, sich ganz auf Stimmstärke, schauspieleri... [weiter lesen]
Weder Fisch noch Fleisch Es hätte so köstlich werden können: Man nehme fünf berühmte Solo-Kabarettisten, eine unverwüstliche alte Posse, neu bearbeitet von einem bewährten Autor, gebe alles in die Hände eines hintergründigen Humor-Spezialisten – und warte, dass der Teig aufgeht. Doch Pustekuchen: Trotz Kristian Bader, Heinrich Pachl, Michael Quast, Arnulf Rating und Horst Schroth in wechselnden Rollen geriet Ulrich Wallers Inszenierung von Eugène Labiches „Das Sparschwein“ in einer Version von Frank Göhre am eigenen St. Pauli-Theater zu einer zwar turbulenten, doch merkwürdig... [weiter lesen]
„Kaum hat mal einer was, schon gibt es welche, die ärgert das“, reimte Wilhelm Busch. Und auch Nick Niehoff, seines Zeichens Unternehmensberater aus Hamburg, kennt sich aus mit dieser Todsünde: Von Tante Elsbeth im Testament bedacht, bekommt er es massiv mit dem Neid der übrigen Verwandten zu tun – insbesondere Mandy, das „angeheiratete Miststück aus Brandenburg“, profiliere sich als Nachfolgerin von Kain und Lady Macbeth. In seinem neuen Solo „Grün vor Neid“ widmet sich Horst Schroth („Katerfrühstück“, „Nur die Größe zählt“) ... [weiter lesen]
Viele kennen ihn als den die Wahrheit zwischen Mann und Frau ergründenden „Caveman“, denn in Esther Schweins Inszenierung des Ein-Personen-Bühnen-Knüllers tourt er seit vier Jahren erfolgreich durch Süddeutschland: Karsten Kaie, 37-jähriger Bayer, der sich in New York zum Schauspieler ausbilden ließ und unter anderem am Stadttheater Augsburg wirkte. Dass Kaie auch Kabarettist mit erstem eigenen Soloprogramm ist, erlebten allerdings zunächst die Norddeutschen: Auf Gerd und Anke Schlesselmanns renommiertem Hamburger Theaterschiff fand die Deutschland-Premiere von „Lügen ̵... [weiter lesen]
„Ich pass’ nicht mehr in die Welt“, seufzt Lisa Politt. Dabei tanzt, singt, springt und ätzt die imposante weibliche Hälfte von „Herrchens Frauchen“, dass sich die Balken biegen – und ihre eigenen Worte Lügen gestraft werden. Seit genau 20 Jahren agiert das Musikkabarett-Duo, zu dem noch der sanfte Gunter Schmidt gehört, im Sinne altlinken Veränderungswillens, seit nunmehr einem Jahr im eigenen „Polittbüro“ an Hamburgs Steindamm. Dort präsentieren die beiden ihr neues Programm „Vorübergehend weggetreten“, das nach dem Verbleib von 68e... [weiter lesen]
Verbiestert und pseudo-souverän die Ausstrahlung, kalt die Stimme, endlos der theoriegestählte Wortschwall: Nicht ohne Selbstironie schlüpft Lisa Politt als alt-linke Soziologin mit Karriereknick in den unvorteilhaften Hosenanzug einer Generationsgenossin, die Migranten einen Orientierungskurs im Deutschsein erteilt. „Wir hatten ja damals auch einiges an Flausen im Kopf“ – was mit der locker-flockigen Distanzierung vom 68er-Lebensgefühl beginnt, endet als alkoholgeschwängerte Tour de Force durch die wiedererstarkte Werte-Welt. An Familie, Nation und Religion arbeitet sich die... [weiter lesen]
Er stammt aus dem Ostwestfälischen – dort, wo die wichtigste Person neben dem Bürgermeister der Schützenkönig ist. Weil der für das ganze Dorf den Jahres-Alkoholkonsum finanziert. Heute wohnt Lutz von Rosenberg Lipinsky allerdings mit Frau und Kind im gediegenen Hamburger Vorort Wellingsbüttel: „Dort lebt man, um zu altern. Poppenbüttel – das war früher.“ Kein Zweifel, der Mann (43) kennt sich aus mit den subtilen Befindlichkeiten dieser Nation. So heißt sein aktuelles Programm denn auch „Gebrochen Deutsch“, und bei der Premiere in Alma Hoppes Lustspielhaus ... [weiter lesen]
Aus Erfahrung gut – auf den Mann mit Menjou-Bärtchen und Pomade im Haar zu Karoweste und Breeches trifft das allemal zu: Robert Kreis, seit mehr als einem Vierteljahrhundert eleganter Verweser der exzentrischen Unterhaltungskultur der 20er-Jahre, betörte bei der Uraufführung seines Erotik-Programms „Das frivole Grammophon“ seine Gäste auf dem Kleinkunst-Kahn „Das Schiff“. Süffisant und selbstironisch, dabei souverän und punktgenau jonglierte der holländische Kabarettist und Chansonnier mit den von ihm gemeinsam mit Ton van Londen zusammengestellten Texten und Lied... [weiter lesen]
Liebe, Tristesse, Hamburg – Zutaten, die Cornelia Schirmer zu einem bittersüßen, aber noch nicht ganz ausgereiften Cocktail namens „Hundewetter“ mixt. Als Diseuse in Schwarz mit gefühlvollem Mann am Klavier (der geschätzte Siegfried Gerlich) präsentierte die Schauspielerin ihren vierten Liederabend auf einer von Freunden und Fans gefeierten Premiere in Alma Hoppes Lustspielhaus. Dabei war es eher die Subversion eines klassischen Chansonetten-Auftritts, was die 39-jährige Schirmer da mit ihrem breit gefächerten Programm zwischen Cole Porter („Frau Gräfin bedauert“... [weiter lesen]
„Doch ihre Zeit ist abgelaufen – denn die Welt ist ein einziger Zirkus geworden. Die Akrobaten hechten von einem Todessprung zum anderen“: Wie zum Trost und als Hommage an die nostalgische Welt des Zirkus und seine Menschen stellte der singende Star-Schauspieler Ulrich Tukur (Flügel und Akkordeon) mit seinen Rhythmus Boys eine stimmungsvolle Freak-Show auf die passend plüschige Bühne des St. Pauli Theaters. Vor rotem Samtvorhang, bunten Lichtern und Luftballons intonierte das bewährte Quartett unter dem Titel „Salto Mortale“ einen Reigen überwiegend deutscher 40er... [weiter lesen]
Mit Seemanns-Chor und Samba-Gruppe, Gratis-Schampus und Konfetti-Schauer eröffneten Corny Littmann und Prof. Norbert Aust am 8.8. um 8.08 Uhr ihr neu erstandenes Schmidt-Theater in Hamburg auf St. Pauli, gleich neben der Reeperbahn: ein außen klar und modern wirkender Glaskasten mit Lamellen in sündigem Rot, in dem innen erstaunlicherweise – und Ausstatter Johannes Wienand sei Dank – eine ähnlich wunderbar plüschige Atmosphäre herrscht wie im Vorgängerbau, der vor zwei Jahren wohl wegen Altersschwäche abgerissen worden war. Bei der in jeder Hinsicht feucht-fröhlichen Einstandsgala ... [weiter lesen]
Höflichkeit, Freundlichkeit, Rücksichtnahme? Pustekuchen! Bestenfalls ein fragend artikuliertes „Höh???“ bekomme man heutzutage etwa zu hören, wenn einem ein Gegenüber aus Versehen Currywurst an den Mantel schleudert. Auch sonst konstatiert Horst Schroth den mentalen Niedergang in der Bevölkerung dieser Republik: Die Leute weigerten sich, erwachsen zu werden, verharrten „jahrzehntelang im Baby-Status“. So sei der 40-jährige Familienvater garantiert der, der aussieht wie ein Fünfjähriger – „mit dem doofsten Gesicht und dreiviertel langen Hosen.“ Entspre... [weiter lesen]