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    Europäisches Kolloquium zur Circuskultur in Wiesbaden

    Die Stadt Wiesbaden ist zum Vorreiter für die Weiterentwicklung der Artistik und der Zirkuskultur geworden, und dazu gehören neben dem European Youth Circus Festival auch die Kolloquien zur Zirkuskultur. Die diesjährige Veranstaltung am 28. und 29. Oktober stand unter dem Thema „Faszination Clown“ und wurde in Kooperation mit dem Europäischen Verband der professionellen Zirkusschulen (FEDEC) und der Europäischen Vereinigung der Zirkusdirektoren (ECA) durchgeführt. Der Kulturdezernent der Stadt Wiesbaden, Wolfgang Wilhelm Herber, Raphael Brigandi von der FEDEC und Arie Oudenes von der ECA, der den erkrankten Martin Hanson vertrat, betonten bei der Eröffnung die Bedeutung des Clowns, der als Synonym für den Zirkus stehen kann. Die Themen bewegten sich zwischen den historischen und aktuellen Formen der Clownerie, der Einschätzung der aktuellen Entwicklung und den Möglichkeiten der Ausbildung. Dazu waren namhafte Referenten gewonnen worden. Der Regisseur und Publizist Pascal Jacob aus Frankreich sprach über die Geschichte des Clowns – wenn auch seine Periodisierung mitunter ein wenig ungeordnet war, gab es interessante Gedanken, so etwa die Verbindung des elisabethanischen Theaters zum Zirkus und zur Clownerie durch die kreisförmige Sitzanordnung und die dort in den Pausen auftretenden Spaßmacher. Oder Jacobs These, dass die heutige Form der Clownerie mehr zur Figur des Narren als zu der des klassischen Clowns oder Augusts neigt. Joop Teuteberg vom Circus Royal, unterstützt von Peter Bento, brach eine Lanze für den klassischen Clown, insbesondere für den „dummen August“, und Peter Shub sprach davon, dass der Charakter des Clowns gleichzeitig real und irreal sei, der Clown verkörpere die Unwissenheit des Kindes, der Clown sei ein Außenseiter, der alle Regeln durchbreche.

    Interessante Einblicke gaben die Beiträge über die Clownausbildung am zweiten Tag. Neben Antoschka, die über ihre Erfahrungen in der Ausbildung im sowjetischen Staatszirkus berichtete, gaben Florian Reichert, Direktor der Scuola Teatro Dimitri, und Michael Stuhlmiller, Direktor der Schule für Clowns in Mainz, Einblicke in ihre Ausbildungsmöglichkeiten und -methoden. Die Schule Dimitri, inzwischen als künstlerische Hochschule in der Schweiz anerkannt, bietet durch den Abschluss als Bachelor den Absolventen die Möglichkeit, ihr Studium an anderen Theaterhochschulen oder an der Zirkushochschule in Chalon weiterzuführen. Diese Schule verbindet in ihrer Ausbildung verschiedene Mittel des Theaters, der Artistik und der Clownerie, der Schwerpunkt liegt auf Bewegung und Körperausdruck. Einen anderen Ansatz verfolgt die Schule für Clowns in Mainz, eine staatlich anerkannte Berufsfachschule, die das Wesen des Clowns (und dabei versteht man darunter sowohl den klassischen Clown als auch den Comedian und Komiker) auf den drei Aspekten „inneres Kind“ (die Naivität), „inneres Tier“ (das Archaische) und „inneren Dorfdeppen“ (die Außenseiterrolle) aufbaut und so für die Schüler das Wesen des Clowns erfahrbar machen soll. Interessant auch die Systematik der Ausbildung in verschiedenen Phasen der Körpersprache und Figurenbeziehung.

    Auch wenn die Meinungen darüber geteilt waren, ob man Clownerie lehren kann oder ob die künftigen Clowns dazu geboren sein und sich selbst finden müssen, gab es doch allgemeine Übereinstimmung, dass eine schulische Ausbildung immer positiv und nützlich sein kann.

    Mit der Auswahl der Referenten, die als Clowns auf der Bühne oder in der Manege stehen oder standen, und der Fachpädagogen war dem Veranstalter eine gute Wahl gelungen.

    Als „Überraschungsgast“ konnte am zweiten Tag Emil Steinberger begrüßt werden, der mit Fragen wiederholt in die Diskussion eingriff und das Problem oft auf den Punkt brachte.

    Wie immer waren die Organisation und Betreuung durch das Kulturamt Wiesbaden hervorragend.

    Redaktion: Dietmar Winkler

    2005-12-15 | Nr. 49 | Weitere Artikel von: Dietmar Winkler





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