Da habe ich doch beim letzten Mal über den ganz besonderen Humor von Achim Knorr berichtet. Eine gute Vorahnung, wie sich kurze Zeit später zeigte. Achim Knorr traf beim Bonner Prix Pantheon mit einer lockeren und kunterbunten Kuriositätenschau den Geschmack des Publikums und bekam dafür von diesem den ersten Preis. Die Jury dagegen verteilte ihren Preis beim beliebten Wettbewerb gleichermaßen auf den Österreicher Christian Hölbling alias Helfried und den wie Knorr in Köln lebenden Gregor Mönter, der seinen Bühnenfiguren durch einen ausgefeilt desaströsen Dilettantismus einen sehr skurrilen Charme verleiht.
Der diesjährige Sommer lud rein wettermäßig ein, den Abend im Theater zu verbringen. Gelegenheit also bei diversen Saisonabschlussprogrammen die Protagonisten der Szene in Kurzprogrammen zu erleben. So zeigte das Kabarett Kölner Filz im eigenen Haus, dem „Klüngelpütz„, Ausschnitte aus dem aktuellen Programm „Jagdfieber„. Geben die Kölner Verhältnisse sowieso schon eine Menge Stoff, so spannen Marina Barth und Marko Furth den Bogen gutgelaunt weiter, machen vor nichts halt und lassen sich voll aus, kongenial unterstützt von einem bemerkenswerten Musiker: Martin Schenkel.
Der Düsseldorfer Autor und Kabarettist Martin Maier Bode ist zur Zeit mit seinem Programm „Der Flüchter„ auf deutschen Bühnen zu sehen. Angesichts einer bevorstehenden Hochzeit wird die Reise zur eigenen Haltung zu einem kapitalen Umweg. Ein Muss für alle Unentschlossenen.(Kommödchen)
Ebenfalls aus Düsseldorf erfreuen Kabarett ohne Ulf mit einem veritablen Arsenal an sehr verbindlichen Gemeinheiten zur aktuellen Schieflage Herz und Sinn des wohin auch immer geneigten Zuschauers. Sabine Weigand und Jens Spörckmann halten „Ungeschminkt und schlecht rasiert„ sich und uns den Spiegel erbarmungslos unter die Nase. (Takelgarn Düsseldorf)
In Köln-Nippes galt die „Kaschemm„ bisher als angesehenes Institut für höhere Lautstärken. Allerdings verlegt man sich dort jetzt auch auf das Komödiantische und veranstaltet einmal im Monat eine Offene Bühne. Die gesamte Kölner Szene reisst sich hier gegenseitig das Mikrofon aus der Hand. Aber auch Gäste aus dem nahen Ausland sind willkommen. So war als erzkomischer Rurpottrocker auch Moses W. zu erleben. Moses stürmt die Bühne mit Kraushaarmähne und Heavy-Metal-T-Shirt, nutzt das Hausambiente und führt uns furios durch die Welt der Headbanger und Luftgitarren. Als Zugabe gibt es eine herzzerreissende Antholgie des Knödelgesangs. Daran hätte auch der alte Elvis seine helle Freude gehabt.
Das auch mit Zauberei eine gute Show zu machen ist, bei der der Witz nicht auf der Strecke bleiben muss, ist schon hinlänglich bewiesen worden. Doch Ken Bardowicks tut dies mit jugendlichem Charme, ist handwerklich schon erstaunlich perfekt und überrascht auch noch beim zweiten Hinschauen. In „Defekte Effekte„ zeigt er uns den Weg zu immerwährendem Glück und Reichtum und ein paar Tricks, die man so noch nicht gesehen hat. (Bürgerhaus Stollwerck)
Richten wir den Blick nach vorne, kommt uns bereits im Oktober das Kölner Comedy Festival entgegen. Auch wenn die Internetseite der Festivalleitung noch im Jahr 2001 abhängt, lässt sich schon auf zwei Spezialitäten hinweisen. Im Klüngelpütz wird es mit Live-Musik und Live-Synchronisation einen besonderen Derrick-Filmabend geben. Beteiligt ist neben dem Hausensemble auch Coco Camelle.
Hans Hermann Thielke, bekannt als aktenkundiger Postbeamter, wird Opfer der Post-Moderne und muss sich nun privatisiert durchs Leben schlagen. Zusammen mit Michael Genähr ist er während des Festivals im Bürgerhaus Stollwerck in „...und ab geht die Post„ zu sehen.
Im Kölner Umland geht ein besondere Kooperation in die zweite Runde. Die „SpassGesellschaftsAbende„ sind eine vom Kölner Ateliertheater produzierte Kleinkunstreihe an Spielorten in Brühl, Bergisch Gladbach, Düren, Wuppertal und Geldern. Dabei tritt neben Lioba Albus, Christoph Brüske und Tina Teubner auch Thyssengas auf und zwar als Sponsor. Immerhin macht das eine ganz besondere Theatertournee möglich. Mehr Informationen unter www.spass-gesellschafts-abende.de.
Und noch ein Hinweis zum guten Schluss. In Zusammenarbeit mit dem Bonner Pantheon ist noch einmal die grandiose Knochenlese „Tod im Rheinland„ an Originalschauplätzen (z.B. Melatenfriedhof) zu sehen. Rainer Pause und Martin Stankowski bereiten in der Rückschau auf den Umgang mit der Endlichkeit ein schauriges Vergnügen. Sehr empfehlenswert.
Lars Hohlfeld
Über den Irrsinn unserer Tage respektive des Lebens schlechthin ist schon einiges auf die Bühne gebracht worden. Lars Hohlfeld tut dies auch, und ist dabei in Stand-Up-Manier amüsant und äußerst komisch. Hohlfeld rückt in „Tagebuch eines Irren„ sich selbst anekdotisch in den Mittelpunkt und präsentiert ein Tor-Tour ins Unglaubliche und doch irgendwie Bekannte. So entwickelt sich z.B. der Gang zum Urologen zu einem albtraumhaften Szenario bei dem der männliche Teil des Publikums schnell begreift: Das kann mir auch passieren. Lars Hohlfeld hat bei all dem noch ein Problem: Er kommt wie jedes ordentliche Schmuckstück aus Idar-Oberstein. Das ist allerdings recht weit weg von den Zentren des Frohsinns. Bleibt zu hoffen, dass wir ihn hier öfters zu sehen bekommen.
Aktualisierte Infos auf der Homepage: Lars Hohlfeld
Köln, Bürgerhaus Stollwerck
15. und 16. 10. Thielke/Genähr – „...und ab geht die Post„
Köln, Klüngelpütz
16. – 19. 10. „Derrick on stage„
Köln, Melatenfriedhof
25.-27. 10. Pause/Stankowski – „Tod im Rheinland„
Brühl, Galerie am Schloss
9.11. Christoph Brüske – „Links – Die Brüskeauslese„
Düren, KOMM
11.11. Tina Teubner – „Nachtwut„
ArtNr:1068
2002-09-15 | Nr. 36 |